Jörg Nath


 „In Augenkontakt mit den Dingen sein, für die ich Wörter zu sammeln versuche.“

                                                                                                        Christoph Wilhelm Aigner

 

"Die Krähe

fürchtet die Krähe nicht

aber der Mensch

ist des Menschen

bangste Begegnung."

                                               Hilde Domin

Die Wahrheit in der Begegnung (18.05.2024)

 

Was verraten dir deine Facetten,

wenn du dich näherst,

dein vierblättriger Rücken

deine Präsenz in die Stille hebt

und den Fluss der Zeit bestimmt?

 

Deine Neugier adelt mich.

Legt sie doch wieder mehr Gewicht

in die Waagschale der Bedeutsamkeit.

 

 

 

 

 

Der Sturm (18.05.2024)

 

Willst du dem Sturm
wirklich sein Wesen entreißen?

Hast du denn letztendlich
nicht schon in sein Auge geblickt?

Ist die Jagd nach seiner Wahrheit

nicht nur ein Deckmantel –

für die Ruhe danach?

 

 

 

 

 

Die Worte, die ich nie schrieb (18.05.2024)

 

Die Worte, die ich nie schrieb,

sind die stummen Zeugen

eines unvollendeten Mosaiks.

 

Wie Scherben liegen sie

in Jahrtausend alter Erde,

wartend auf die Entdeckung

der Sprache.

 

 

 

 

 

Kein Liebesgedicht (18.05.2024)

 

Wenn die Liebe

die Feder nicht berührt,

das Papier welkt

unter der Abwesenheit

von Berührung,

öffne die Poren,

tränke es mit der Glut

der Imagination

und verhindere für eine Weile

den Verfall der Zellen.

 

 

 

 

 

Sei gewiss (18.05.2024)

 

Bevor du den Spiegel aufhebst,

festige deinen Stand, sei dir gewiss,

der Schlag aus dem Nebel kommt direkt

und stumpfes Glas zeigt hässliche Fratzen.

 

 

 

 

Der Blick in den Lauf (18.05.2024)

 

In den leeren Regalen

offenbart sich das Gesicht

eines heraufziehenden Nebels,

zeigt sich die Verletzlichkeit der Realität.

Der Blick in den Lauf demaskiert,

doch das Schlafende erwacht erst,

wenn die Wege sich verengen

und die Wände näher rücken.

 

 

 

 

 

Herkunft (18.05.2024)

 

Wenn sich die Schatten

ihrer Herkunft erinnern,

bekommt der Blick

in den Spiegel Konturen

und der Kaninchenbau wartet.

 

 

 

 

 

Zärtlichkeit des Wassers (18.05.2024)

 

Getragen von der

Zärtlichkeit des Wassers

vereinigen sich die Akteure,

fällt der Vorhang und

das Schweigen ergibt sich

der Rotation der Erde.

Wenn die See sich glättet (04.05.2024)

 

Betrachte die seelenlosen Figuren

mit den abgegriffenen Stellen,

aus denen der Ursprung entschwindet.

Deren strahlende Gewänder

ohne jedweden Nährboden verblassen

und ignoriere das Offensichtliche.

 

Folge ihrer Anatomie bis ans Ende,

fokussiere die Poren, spring hinein

und lass dich hinunterziehen

in die tiefsten Schichten der Cellulose.

Treibe auf ihren Bahnen

und lausche dem Klang der Silben,

wie sie blau aus der Oberfläche tropfen.

 

Umgarne sie, nimm sie bei der Hand,

werfe sie zurück in das Mosaik,

danach nimm den Kanten ihre Schärfe.

Und wenn du am Ende

das Bild nicht zu deuten vermagst,

aber die See sich glättet,

dann hast du es geschafft –

du warst dir treu.

 

 

 

 

 

Vom Organismus der Worte (27.04.2024)

 

Unaufhörlich hämmern sich

die geladenen Sekunden

durch das Labyrinth der Gegenwart,

verspotten den Weg zur Erlösung.

 

Doch hinter jeder Ecke

folgt nur ein weiterer Weg,

denn das Labyrinth nährt sich

von der ewigen Ausstellung

der Schattengalerie und ihren

narzisstisch monochromen Werken.

 

Was bleibt, ist die Feder mit festem Griff

in das Gift der Sekunden zu tauchen

und ihr Gewicht in die Seiten zu drücken.

Sie zwischen den Zeilen zu fixieren,

umarmt von einem Organismus,

der ihre Natur demaskiert.

 

Und wenn die Seiten befüllt sind,

sollen sie die Mauern des Labyrinthes zieren,

dass der Wahn der Sekunden verblasst

und das Hämmern verstummt.

 

 

 

 

 

Das ? – Vom Wahn seiner Schönheit (23.04.2024)

Infiziert durch Andreas von Ahnungslos: Von der Lust und Last des Fragens

 

Sind die Namen erst aufs Papier geblutet,

offenbaren sich dann die Farben,

oder haben sie nur die Idee vom Kern

in ihrem Namen getauft?

 

Enthält die Suche nach den Namen

nicht mehr Sinn –

als sie laut auszusprechen?

 

Ist ihr Erkennen der Aufbruch

in das Überleben

oder doch eher der Fall

in das Möbiusband?

 

Letztendlich

ist die Abwesenheit der Suche

des Rattenfängers Spiel

und der Verlust der Iris.

 

 

 

 

 

Nektar des Lebendigen (21.04.2024)

Meine Gedanken zu Andreas Oltzens wundervollem Staunen

 

Ist das Ende des Staunens

der Verlust des Kindlichen –

der Beginn des maskierten Lächelns?

 

Und wenn der Fluss

nichts weiter als der Fluss ist,

verschwinden die Blitzlichter,

die Bahnen veröden

bis zum Einsturz der Brücken.

 

Was übrig bleibt ist die eine Seite

und der Verlust der Erregung.

 

Doch was geschieht mit der Wahrnehmung,

wenn die Waage am Tiefpunkt fixiert ist?

 

 

 

 

 

Ein Fingerhut voll Erkenntnis (20.04.2024)

 

Kernlos hallen die Laute lebender Toter

durch die müden Wälder, befallen das Laub

mit der Anordnung ihres eigenen Alphabets

verhindern die Säuberung der Atmosphäre.

 

Die Bäume erzittern unter den Stimmen,

den fortwährenden Attacken nackter Gedanken,

die ihre Schneiden in die Rinden treiben.

 

Eine Kakofonie selbstgerechter Töne,

deren Blindheit sich über die Morgenröte legt,

wie Staub auf einer Endlosschleife aus Banalitäten.

 

Und sind die Stimmen verhallt,

verliert der Übergang von Tag zu Nacht

seine Bedeutung, trauern die Wälder

und das Spiegelbild erkennt keinen Makel.

 

 

 

 

 

Und der Horizont verschwimmt (16.04.2024)

 

Sie haben das Jagen verlernt.

Sie haben das Sammeln verlernt.

Haben ihre Kreativität ihre Wurzeln

mit Überfluss weggespült.

Und wofür das alles?

Hat sie der aufrechte Gang

aufrechter gemacht?

Macht sie die Verfügbarkeit

von Wissen weiser?

Was ist das Blut noch wert in einer Welt,

in der alles seinen Preis hat?

Eine Welt mitten im Aufbruch,

in dem der Weg –

seine eigene Richtung nicht kennt.

 

 

 

 

 

Ambivalenter Hautkontakt (15.04.2024)

Inspiriert durch Dulon (1. Vers)

 

Wie Ferne, die sich häutet,

entblößt die Verzückung

das Gesicht ihrer Nähe,

scheut die Kartografie

der Zellen getränkten Landschaft.

Für einen schmerzlichen Moment

der Ewigkeit flaut der Wind

und die Haut treibt ziellos dahin.

 

Doch dann schält sich die Distanz

bis auf den Kern ihrer Wahrheit –

lässt das Netzwerk erzittern.

 

 

 

 

 

Absurdität (13.04.2024)

Inspiriert durch einen wundervollen Satz von Dulon:

„Verfolgt von Fehlern verfliegen sich Worte, verkehren die Richtung im widersinnigen Lauf …“

 

Und hin und wieder

werden die Fehler fokussiert,

nutzen die Absurdität digitaler Werte,

machen sich die Richtungswechsel zu eigen

zum Wohle der eigenen Bilder.

 

Und der Lauf der Geschichte –

wird nicht der deine sein.

 

 

 

 

 

Nähe kann unnahbar… (13.04.2024)

 

Beim Anblick der Flügel

spüren die Zellen die Distanz

zwischen Wunsch und Gegenwart.

 

Doch hinter der Iris zeichnet

die Sehnsucht Bilder in den Sand.

Bilder aus wundervollen Konturen

bis zur Umarmung der nächsten Welle.

 

 

 

 

 

Die Quelle (09.04.2024)

 

In dem zarten Pflänzchen

kaum größer als das Board,

wie es antritt, die Arme ausbreitet

und aufbricht – in eine neue Welt.

 

Oder dem Aufbruch der Knospen,

wenn sich die Lungen erneuern,

die Tristesse in Farbe tauchen und

den monochromen Stillstand durchbrechen.

 

Wenn das Ergebnis

jahrzehntelang gegangener Wege

im Vorübergehen die Luft mit Zuneigung füllt

und seine Verbindung unterstreicht.

 

Liegt die Quelle der Bedeutsamkeit

in der Wahrheit der Betrachtung?

So gebt den Blicken mehr Raum –

um sich zu entfalten.

 

 

 

 

 

Der eine – Nachtrag (07.04.2024)

 

Doch der eine,

der die Jahre trägt

und alle Stücke erinnert,

der den Felsen hinaufrollt,

er schweigt,

wird ihm die Feder gereicht.

 

 

 

 

 

Werden wir auferstehen? (02.04.2024)

 

Und es zog aus, das Wort

zog aus, um sich zu stellen

der Armee aus Nullen und Einsen,

die mit dem kalten Kalkül

einer überschätzten Existenz versehen

unaufhörlich das Fundament infiltrieren,

an der Hand nagen, die sie nährt.

 

Eine Armee auf dem Vormarsch,

befeuert durch die Unfähigkeit zur Stille,

dem Verlust der Bedeutsamkeit

und der Angst vor der Wahrheit des Kerns.

Eine Armee auf dem Weg,

die letzten Glieder zu durchtrennen.

 

Und am Ende,

wenn das Summen die Lieder verhüllt

und das Flackern der Bilder die Farben trübt,

wird über allem die Frage stehen:

Wenn die Glieder durchtrennt sind –

werden wir dann auferstehen?

 

 

 

 

 

Was kommt danach? (29.03.2024)

 

Wo sind die leichten Worte?

Die filigranen, flüchtigen Gewebe,

die gezielt die Gefühle punktieren

und neue Inspirationen gebären.

 

Müde sind sie alle

müde ob einer Sprache,

in der die Hässlichkeit

zäh wie Teer aus den Ohren tropft.

 

Was bedeutet die Abkehr

von der Schönheit der Worte?

Sind sie doch die Verbindung –

zwischen den Menschen.

Überfüllt (29.03.2024)

 

Wenn die bleichen Knochen der Realitätsklauen

in Sekunden das Gemälde eines Lebens zerreißen,

fällt die Frage:

War der Platz auf der Anklagebank reserviert?

 

Das ambivalente Lachen des Satzzeichens

hallt durch den überfüllten Saal

und alles wartet –

auf den Richterspruch.

Das Gewicht der Sekunden (26.03.2024)

 

Die Leere,

wenn sich der Schatten offenbart,

verschlingt das Universum

und der Fleck auf der Weste

wird zum Zentrum der Sekunden.

Abkehr der Farben (24.03.2024)

 

Auf den Windungen der Imagination

trampeln sie kreuz und quer unaufhörlich

wie in überfüllten Einkaufsstraßen.

 

Die Antworten tanzen auf der Zunge,

drehen sich im Hohn wieder und wieder

 

und hinter der Leinwand explodieren die Bilder,

bevor die Farben ihre Bedeutung entfalten.

 

Wird die Stille jemals wiederkehren?

Resümee (23.03.2024)

oder der etwas andere Frühling

 

In den Fasern eines ausgehungerten Körpers

durchbrechen die zarten Spitzen der Erneuerung

das Erdreich, greifen nach dem Licht,

welches unaufhörlich Tag für Tag

der Dunkelheit ihren Platz streitig macht.

 

Aus tausend Quellen bricht der Hoffnungsstrom,

bahnt sich seinen Weg durch die Kälte ins Zentrum,

um den Kern der Existenz zu befreien,

vom Staub einseitiger Realitäten.

 

Doch das Licht ist künstlich, ohne Seele,

und so fehlt der Baustein zur Entfaltung.

Und die Kraft und die Wildheit des Stroms

zerschellen an den Talsperren

einer monochromen Landschaft.

 

Was bleibt, ist die Erinnerung,

die Erinnerung an die Wärme des Frühlings,

an Berührungen ohne Schatten

und den farbenfrohen Flug der Worte.

leise (23.03.2024)

 

Wieder einmal fallen sie

viel zu früh,

die zarten Kirschblüten

segeln leise ins Vergessen.

 

Wieder einmal obsiegt die Kälte

über die Schönheit.

 

Könnt ihr es sehen?

Könnt ihr es spüren?

Wort (23.03.2024)

 

Wort,

du liebendes,

du Berührung.

 

Wort,

du Flügelschlag,

du Ewigkeit.

 

Wort,

du tödliche Waffe.

 

Wer dich missbraucht –

tritt auf die Seele des Lebens.

Wie lang (28.02.2024)

 

Wie lang

behält die Iris ihre Tiefe,

wenn ihre Farben nicht gespiegelt werden?

 

Wie lang

bewahren die Zellen ihr Feuer,

wenn der Funke nicht geschürt wird?

 

Und wie lang

überlebt die Kraft der Worte,

wenn ihre Bedeutung nicht getragen wird?

 

In den Laboren unseres Daseins

bleibt manches Experiment

hoffentlich unbeantwortet.

Beim Lesen der Gedichte Hilde Domins (28.02.2024)

 

Wie ein zerbrechliches Kleinod

halten dich fast schon zärtlich

meine staunenden Hände

aus Angst, nur ein einziges Wort

könnte herausfallen, unberührt.

 

Mit neuen Augen betrachte ich

nach all der Zeit deine Welt

staunend über die neuen Farben,

die neuen Gewänder.

 

Und wie lang wir auch

die Zukunft schreiben,

so ist doch eines gewiss –

ich freue mich schon jetzt

auf unser nächstes Treffen.

Worte (26.02.2024)

 

Worte

nicht gesprochen,

nicht gedacht –

liebevoll ausgetragen.

 

Worte

zu früh entlassen

mit schwachen Flügeln –

in den Wind dieser Zeit.

 

Worte

gefangen im Flächenland

des 21. Jahrhunderts.

Vergebt mir meine Ungeduld.

Vergebt mir meine Hoffnung.

Wo sind die Fingerspitzen,     (25.02.2024)

die den Dingen ihre Härte nehmen?

 

Wo sind die Blicke,

die das Land hinter dem Spiegel sehen?

 

Wo sind die Lippen,

die die Sprache der Fasern sprechen?

 

Sie sind flüchtig,

flüchtig wie die Gedanken.

Und am Ende nimmt das Papier

die Sehnsucht bei der Hand

und führt sie durch die Dunkelheit.

Nur das eine (23.02.2024)

 

Ich tauche meine Füße

in die Schrift der Wellen

und ihre Verse

brechen sich an meiner Sehnsucht.

 

Ich benetze meine Iris

mit den Farben der Morgenröte

und ihre Gemälde

zerspringen auf meiner Leinwand.

 

Ich fülle meine Lungen

mit dem Atem des Waldes

und sein Bouquet

erhebt meine Gedanken.

 

Und wenn ich mein Leben

in diese Welt entlasse,

so ist da nichts,

was mein Herz begehrt –

außer dem Gleichklang von Seelen.

Auflösung (20.02.2024)

Eine Betrachtung dreier Gemälde von Carmen Tyrrell

 

Die Intensität des Augenblicks spiegelt sich

in der Gegensätzlichkeit der Farben.

In der Vollkommenheit der Berührung

verliert die Zeit ihre Bedeutung,

zeigt sich die Schönheit der Vereinigung

und die Übereinstimmung der Zellen.

Sich auflösen im Herzschlag der Umarmung

und ihn zulassen – den süßen, unverfälschten Fall.

schweigend (19.02.2024)

 

Das Blut fließt

aus den Wunden

einer überschnellen Evolution.

 

Gibt es eine Abkehr

von der Gewöhnung

zum Wohle der Annäherung?

 

Wer führt die Herde

von den satten

immergrünen Weiden?

 

Das Blut fließt

und das Papier –

stellt keine Fragen.

Die Formel (18.02.2024) 

 

In den Kopf leeren Momenten

entweicht die Leidenschaft

der erzwungenen Form,

ergießt sich verheißungsvoll

in das eroberte Refugium.

 

Im Fokus der Ermangelung

erheben sich unzählige Wesen,

tanzen ungezügelt in die Nacht,

umarmen wortlos die Schatten.

Ihr wildes Spiel füllt die Schleifen,

entwaffnet die leeren Geräusche

und erschafft eine Ausfahrt.

 

In der Rückkehr ins Zentrum

liegt die Kraft der Analyse

und die Formel zeigt nichts –

außer der Einfachheit.

Weiße Flecke (18.02.2024) 

 

Im Zwiegespräch der Akteure

liegt die Kraft für den Aufbruch.

Durch das Licht der Akzeptanz

nähern sie sich behutsam,

Schritt für Schritt dem Kern.

Ist ihnen die Leere bewusst,

die ihre Abwesenheit erzeugt?

Die trostlosen weißen Flecke

auf dem Gemälde des Alters?

Ihre Beiträge erschaffen Welten.

Sehen und gesehen werden

durch das Glas der Erkenntnis

bis zum Erwachen der Symbiose,

dem Brunnen der Intensität,

der in sich die Farben birgt

für ein funktionierendes Gefüge.

Wie Faustschläge     (16.02.2024)

prasseln die Wortgefechte

emotionsgeladen an die Decke

des überfüllten Zimmers,

drücken auf den Sehnerv.

Immer wieder neue Gesichter

auf der Versammlung

der selbst ernannten Eigentümer.

Und sie alle kämpfen ihrer Natur gleich,

um Beachtung, wollen gehört werden.

Doch es sind so viele Sprachen

und so bleibt einmal mehr

das Treffen ohne Ergebnis.

Das Zimmer wird kleiner und –

ihre Gesichter verschwimmen.

Spürst du …? (16.02.2024) 

 

Es beginnt als leiser Hauch,

der im Rhythmus seiner Sehnsucht

das junge Schilf zärtlich biegt.

 

Sich steigert in ein leichtes Beben,

welches wieder und wieder

die Architektur der Verzückung belebt,

 

bis unzählige Schwärme aufschrecken,

die Wipfel des Verlangens befreien

in einem Rausch der Resonanz.

 

Spürst du den leisen Hauch?

Die Intensität seiner Sprache?

Dann lass deine Augen geschlossen –

wach nicht auf.

Erinnerst du …? (13.02.2024) 

 

Auf dem Meer der Erhaltung

ausgelassen die Grenzen verwischen.

Mit vollen Segeln uneinholbar,

bis der Wind seine Kraft verliert.

Dann in der Weite eine Stimme:

 

„Erinnerst du die Libelle,

wie sie den Augenblick

mit der Sprache ihres Fluges

aus der Zeit nimmt und ihre Neugier

von der Bedeutung der Gegenwart erzählt?“

 

„Erinnerst du den Schmetterling,

seinen flüchtigen Kuss,

wie er mit zarten Flügeln

das Geheimnis der Berührung

auf deiner Haut hinterlässt?“

 

Du erinnerst,

entfesselst die Worte –

und der Wind frischt auf.

Wenn nichts mehr spricht (11.02.2024) 

 

Wenn nichts mehr spricht,

außer der Stille,

malen sie Bilder der Resonanz.

 

Wenn nichts mehr spricht,

außer der Sehnsucht,

lassen sie die Zellen tanzen.

 

Wenn nichts mehr spricht

außer den Schatten,

sammeln sie das überlebende Licht.

 

Und wenn nichts mehr spricht

außer der Nacktheit,

dann singen sie die Gedanken,

füllen das Vakuum

mit den Farben ihrer Lieder.

Wo ist sie hin? (10.02.2024) 

 

Die Gedanken zerplatzen,

wie Seifenblasen,

an den Stacheln der Banalitäten,

da der Wind nicht nachlässt

und seine Richtung unkontrollierbar ist.

 

Das Gefieder der Vorstellungskraft,

durchnässt von Halbwahrheiten,

hängt müde und schwer,

sehnt sich nach der Wärme der Reflexion.

 

Ich erinnere den Kranich,

wie er in weiten Kreisen

die Sonne in seinem Gefieder fängt

und vermisse die Leichtigkeit

des Augenblicks.

Warten (10.02.2024) 

 

Warten auf den Tag,

da sich die Sinne erinnern

an den Geruch der Erneuerung,

ihn absorbieren, bis zum Aufstieg der Worte.

 

Warten auf den Tag,

da die Farben erwachen,

sich im wilden Tanz ergießen

und verankern auf der Leinwand der Fantasie.

 

Warten auf den Tag,

da sich die Zellen laben,

an dem Licht der Reinheit

und sie atmen mit dem Herzschlag der Existenz.

 

Warten auf den Tag,

da sich die Wunder erheben,

den Blick erneut schärfen,

ihn befreien von allem, was nicht Leben ist.

 

Und wenn der Tag kommt,

wird der Kern jubilieren und

die Gedanken ihr Federkleid erneuern.

Eine Frage (08.02.2024)

 

Weiß die Blüte

von der Kraft des Erwachens?

 

Weiß die Seele

von der Schönheit der Tränen?

 

Weiß der Wind

von den Flügeln der Worte?

 

Weiß die Stille

von der Intensität des Moments?

 

Liegen nicht all diese Geheimnisse

in den Farben hinter der Iris

und in der Sprache der Zellen?

Berührung (03.02.2024)

(Inspiriert durch ein Waldkonzert der Sängerin AURORA)

 

Mit dem Erwachen der ersten Klänge

entschlüpfst du dem Schutz deiner Blüte,

bekleidest dich mit deinen Versen,

und entfaltest die Flügel des Staunens.

 

Getragen durch die Leichtigkeit deiner Seele

entströmst du deinem Kern in die Freiheit

und bestäubst die Haut des Lebens

mit deinen Farben.

 

Demütig betrachte ich die Reinheit deines Wesens,

spüre die kleinen Tritte auf meinem Herzen

und am Horizont keimt etwas Hoffnung.

unerforscht (03.02.2024)

 

In den kalten Hüllen der Unzufriedenheit

verwahrlosen die unerforschten Regionen.

 

Durch den nach außen verankerten Blick

wachsen sie stetig und unaufhaltsam,

die Mauern der Verödung.

 

Verhindern das Absorbieren der Farben,

die Entdeckung der eigenen Weltkarte

und die Transparenz der Wunder.

vielleicht (22.01.2024)

 

Vielleicht kommt eine Zeit,

in der die Reichen arm sein werden,

denn Klarheit lässt sich nicht kaufen.

 

Vielleicht kommt eine Zeit,

in der die Hasser verstummen,

da Menschlichkeit der letzte Rohstoff ist.

 

Vielleicht kommt eine Zeit,

in der die Gespiegelten verblassen,

denn alles Künstliche erzeugt keine Wärme.

 

Und vielleicht kommt eine Zeit,

da die Ungestillten, die das Leben zerfleischen,

für die Unsterblichkeit ihrer Seele,

vergehen, da sich die Vernunft erhebt.

 

In dieser Zeit siegt vielleicht die Erkenntnis,

dass nur die Annäherung an das Leben selbst

die Löcher in den Herzen derer füllen kann,

die aufgehört haben zu träumen.

Spielplatz (13.01.2024)

 

Unbedacht abgefeuerte Wortpatronen

prasseln steten Gerölllawinen gleich

von den Gipfeln der Taubheit

und wie Seifenblasen so zerbrechlich,

füllen die vielen Realitätsergüsse

die Luft, zerplatzen und benetzen

die Sicht aufkeimenden Lebens.

Was bleibt ist die Flucht, die Flucht,

zur Bewahrung der kindlichen Seele.

Die Flucht vor der wachsenden Kälte,

dem Erstarken unaufhörlicher Zivilisation.

 

So wird jede Farbe transformiert,

zu Nahrung bedürftiger Emotionen.

Jeder Ton wird sorgsam verankert,

auf den Saiten der Leidenschaft

und jede Melodie wird zu einem Hauch,

der aus den Wipfeln der Sehnsucht

von der Entfaltung des Kindlichen flüstert.

Fragmente stiller Schönheit zu Bildern gewebt

und in die Weiten der Wünsche entlassen,

bis sich die schwelende Intensität ergießt,

zum Horizont und darüber hinaus

und er erwacht, der ersehnte Spielplatz,

das zu Hause – einer ungezügelten Seele.

Grausame Geliebte (09.01.2024)

 

Vor langer Zeit schälte ich

mein Wesen bis auf den Kern

und tätowierte in einem Hochgefühl

die Worte „Nur schöne Dinge“

in seine ungeschützte, kindliche Haut.

Euphorie ist eine grausame Geliebte.

Der Eine (09.01.2024)

 

So lange schon

spielen die Akteure

auf den Brettern,

die den Kern bedeuten.

Haben gelernt,

ihr Stück Hand in Hand

zu spielen.

Doch da ist der Eine,

der im Hintergrund agiert,

an keiner Probe teilnimmt

und kommt und geht,

wie es ihm beliebt.

Der Eine - ohne Namen.

Der Eine - ohne Gesicht.

Wenn er aus dem Nichts

auf die Bühne springt

zerspringen die Texte

der anderen Akteure

und das Stück

verliert seinen Fluss.

 

Leben ohne Zuneigung

ist eine Reise ohne Farben.

Doch wer geliebt werden will –

muss sich offenbaren.

Ja, es fehlt (06.10.2024)

 

In den unbeholfenen Berührungen

unseres Schweigens

verleugnen sich Angst und Unsicherheit.

 

Die Leichtigkeit unserer Augen

verbirgt die Enttäuschung

über das fehlende Puzzleteil

 

und mit leichten Flügeln

verlassen Erklärungen die Lippen,

verteidigen die Grenzen des Individuums.

 

Zwei einsame Bollwerke

in der Brandung verlorener Zellen,

deren Schreie – stumm verhallen.

Sie flüstern (05.01.2024)

 

Aus der hölzernen Geometrie des Erinnerns

flüstern die Bewohner dutzender Kuben

die Bilder ihrer absolvierten Wege.

In unzähligen Sprachen bewahren sie

das Vermächtnis nicht anerkannter Freiheit,

den Irrglauben falsch verstandener Macht

und entblößen die Hässlichkeit lebender Kälte.

 

Doch dann erzählen sie vom Erwachen der Liebe,

dem Nektar der Leidenschaft – seiner Süße –

die trotz all des Leids ihre Unsterblichkeit

im Herzen der Unendlichkeit verankert.

Offenbaren die Allgegenwart der Schönheit

und skizzieren die Pfade zu ihrem Wesen,

auf dass – die Blindheit geheilt werde.

Die Worte, die ich nie schrieb (19.12.2023)

 

Die Worte, die ich nie schrieb,

sind die stummen Zeugen

eines unvollendeten Mosaiks.

Wie Blei fließen sie durch meine Venen,

legen sich in Ketten um den Funken meiner Sehnsüchte.

 

Es sind Verse,

die mit der Süße einer jungen Liebe gleich

das Fundament deines Wesens beflügeln.

Den Fluss deines Lebens beschleunigen,

zu den Stromschnellen deiner Begierde.

 

Silben, die wie der Morgentau

erwärmt durch erste Sonnenstrahlen,

jeden Zoll deiner Sinnlichkeit benetzen,

die Geduld deiner Zellen auf die Probe stellen.

 

Worte, die sich zu Melodien aneinanderreihen

und wie Efeu wild um deine Sinne winden.

Die deine Fantasien befeuern,

bis zum Ausbruch der Vorstellungskraft.

 

Bilder, die ich auf die Zeilen deiner Lust male.

Die auf den Saiten deiner Fasern tanzen,

bis die Quelle deiner Erregung

durch die Oberfläche der Vernunft bricht.

 

Strophen, die verwebt zu warmen Decken

dich des Nachts umschließen und behüten.

Die Alben von deiner Seele küssen,

wenn das Licht die Existenz verlässt.

 

Es sind die Worte, die ich nie schrieb;

die wie Scherben in Jahrtausend alter Erde liegen,

schlafend warten auf die Entdeckung und –

die Vollendung des Mosaiks.

Und die Antwort ist Schönheit (09.12.2023)

 

Und wieder erzittert der Kern

unter ihren Fäusten.

Und wieder vibriert die Hülle

unter dem anhaltenden Gezänk.

Sie, die alle ihre eigene Stimme besitzen.

Sie, die in ihrer Unterschiedlichkeit

nicht gleicher sein könnten.

Sie alle eint das Streben nach Schönheit,

und die Abwesenheit von Schönheit

bedeutet Kälte.

Und so kämpfen sie jeder für sich,

unwissend der Mitstreiter an ihrer Seite

und bedrohen den Kern

und bedrohen die Hülle.

Doch bricht der Kern,

entsteht ein Ungleichgewicht

und die Integrität fürchtet um ihre Existenz.

Und wenn die Hülle reißt,

entweichen die Bilder,

verlieren sich die Farben

im Strom der Konformität

und die Kälte obsiegt.

Die Abwesenheit von Schönheit

bedeutet Kälte –

doch jene,

die auf der Sonne laufen,

spüren keine Kälte

und erhitzte Gemüter

frieren selten.

Die vergessenen Worte (03.12.2023)

 

Sind die Menschen taub

geworden?

Es wurden die Worte

doch alle gesprochen.

Sind die Menschen blind

geworden?

Es wurden die Gedanken

doch alle geschrieben.

Es wurde ergründet,

verstanden und gewarnt.

Es wurde durchschaut,

verdeutlicht und ermahnt.

Sind die Worte nur Geräusche

einer Großstadtmelodie?

Sind die Gedanken

nur dekorative Platzhalter?

Verliert sich die Weisheit

in den Winkeln

unzähliger Realitäten?

Welche Worte besitzen

das Licht –

zur Unsterblichkeit?

Und am achten Tage (03.12.2023)

 

Und am achten Tage

folgten die Schreie.

Die Schreie

der Menschen,

ohnmächtig,

ob ihrer eigenen

Hilflosigkeit.

 

Doch warum

zuhören?

Warum

eine zweite Chance

einräumen?

Die Erste gilt.

Doch sie bleibt ungenutzt,

denn ihre Wirklichkeit

ist die Schlagseite –

der Menschheit.

Der verlorene Kern (03.12.2023)

 

Unter dem Fokus der Oberfläche

verödet die Verbindung zum Kern,

sterben die Wurzeln. Doch wo

nichts fließt – ist kein Wachstum.

 

Die Individualität verliert sich

im Meer der Gleichförmigkeit,

weicht einer inszenierten Welt

aus suggerierten Puzzleteilen –

wasserlöslich und lichtempfindlich.

 

Auf der Suche nach Sichtbarkeit

bleibt die Substanz unberührt,

verrinnt wie die Zeit, ungenutzt,

im Stundenglas der Möglichkeiten.

 

Was bleibt sind bunte Hüllen,

instabil, haltlos und ohne Tiefe,

treibend im Kosmos der Illusionen.

Doch nicht für die Augen –

die sie erschaffen haben.

Der Sprung in der Platte (25.11.2023)

 

Und wir gingen hinaus,

hinaus in die Wälder,

hinaus in die Felder.

Und wir folgten den Ufern,

den Flüssen und Kanälen.

Wir suchten in den Straßen,

an Plätzen und Orten des Lichts.

um die Antwort zu finden,

zu ergründen, ob unsere Reise

ihren Wert beweisen würde.

Und wir waren frohen Mutes.

Gestärkt ob all der Wege,

die wir mit Kraft gegangen.

Inspiriert ob all der Bilder,

die wir mit Herzen sahen.

Hoffnungsvoll ob all des Lichts,

welches unsere Haut spürte.

So betraten wir das satte Grün,

strichen mit fokussierten Zellen

über die feinen Spitzen,

benetzten unsere Finger

mit dem Saft des Lebens.

Tranken den Nektar

vom Baum der Erneuerung,

bis das erste, zarte Flimmern

die Wahrnehmung füllte

und wir nähertraten.

Dann sahen wir sie,

die wohlgeformten,

frisch geputzten Blüten.

Wir traten in ihren Kreis,

genossen ihre Wärme,

ließen uns nieder in ihrer Mitte

und begannen zu lauschen.

Lauschten dem Wind

in ihren Gewändern,

folgten den tätowierten Worten

auf ihren Stängeln.

Dann dimmten sie das Licht

und die Blüten traten nach vorn,

absorbierten die Wahrheit.

Und wir sahen nicht die Dornen.

Sahen nicht,

wie die feinen Wurzelspitzen

die Erde um uns durchstießen,

sich windend näherten,

bereit zur Assimilation.

Der Peitschenknall

der ersten Berührung riss

den Schleier aus der Luft,

offenbarte die trockenen,

hölzernen Stiele mit den

aufgesetzten Blütenblättern.

Und sie waren alle gleich.

Und die Stimmen der Vögel

waren die alten Stimmen.

Und der Duft der Blüten

war ein altbekannter Duft.

Und die Bäume trugen

die gleichen Gewänder.

Und der Kreis wurde zur Arena.

Und wir begannen zu laufen.

Wir erreichten den Rand,

blickten zurück und

die Augen brannten.

Sie brannten, weil

der Sprung in der Platte

irreparabel schien und

nirgends eine Hand,

die versuchte

die Nadel anzuheben.

und so liefen wir,

liefen und

hielten unseren Blick

auf den Horizont gerichtet.

Wie liefen

und im Hintergrund -

sprang die Platte.

Novembererkenntnis (06.11.2023)

 

Auf den Wegen schichten sich,

in stiller Umarmung,

die gefallenen Tage

zu einem Mosaik der Erkenntnis.

 

Behutsam nehmen sie

die Gedanken in ihre Mitte –

flüstern leise von Erneuerung.

Die Sehnsucht der Rezeptoren (07.10.2023)

 

Ich tauche meine Hände

in die glühende Morgenröte,

gieße sie über mein Gesicht

und spüre die Wärme

deiner heraufziehenden Leidenschaft.

 

Ich hänge meine Sinne

in den auffrischenden Wind.

Seine Berührung zeichnet

die Landkarte deiner Erregung

auf meine dürstende Haut.

 

Meine Lippen küssen

die Süße deiner Verzückung

aus der kühlen Frühe,

laben sich an ihr, wie das Gras

am Tau des Morgens.

 

Meine Augen formen

die Kurven deiner Sinnlichkeit

aus den Wolken und

brennen sie auf den Horizont,

weisen mir den Weg zu deiner Lust.

 

Und in der Nacht setze ich Sterne

auf die Konturen deines Gesichts,

verankere deine Schönheit

im Mantel der Nacht –

bis ich aufwache,

den Wunsch laut ausspreche.

Betrachtung des Lichts (03.10.2023)

 

I

In konzentrischer Sanftheit

ergießen sich 1001 Nacht

hingebungsvoll in die Gegenwart.

In weichen Figuren

fließen Licht und Schatten

über das dunkle Holz,

erwecken den Boden zum Leben,

ertasten die Realität.

Unter ihren Berührungen

löst sich die Materie,

verliert ihre Härte –

wie das Herz.

 

II

Die Wahrnehmung folgt

der Verbindung zur Außenwelt

und aus Zwei wird Vier,

aus Innen wird Außen,

bestätigt die Gefahr

ihrer Naivität.

Paul stellte die richtige Frage,

kannte die Antwort.

Doch wem ist sie zugänglich?

 

III

Zurück zur Form,

fällt das Bewusstsein auf den Kern

und der Kern ist Licht.

Durchlässig ist die Form,

doch so lange das Licht entweicht –

kann Schönheit sich entfalten.

Wächter des Turms (30.09.2023)

(Du wirst es wissen)

 

In deinen Gesten lebt die Stille

und deine Stille ist sehend.

Unter ihr existiert eine Welt.

Eine Welt, die Morpheus selbst

sich nie zu erträumen hoffte.

In der Euterpe und ihre Schwestern

ihre Samen pflanzen, abseits

der Windungen des Gewöhnlichen.

Wo Nymphen sich niederlassen,

am Fuße des Turms, verzückt

den Gesängen deiner Welt lauschend,

staunend über die vielen Stimmen.

Und wenn die Abendsonne

ihre Zauber webt, steigt Iris auf

und berichtet dem Olymp –

von deiner Leidenschaft.

Sappho geht Schwimmen (16.09.2023)

 

Die Schultern leicht zurückgeworfen,

nach vorn gewölbt die süße Zier, ertastet

sie die Welt mit scheuen Zehenspitzen,

verbindet die Gegenwart mit jedem Schritt

und mit dem Wesen eines Schwans schreitet

sie in seine Arme, ergibt sich dem Liebesspiel

aus Schönheit und kühlem Nass.

 

Mit Widerwillen gibt er sie frei, löst

die Umarmung, die so inniglich begründet.

Verzückt entsteigt sie ihrem Liebsten,

unterbricht zum Abschied ihren Tanz und

in einer Geste der Unendlichkeit hebt sie

die Arme, ordnet das wallend feuchte Haar

und offenbart die unverhüllte Weiblichkeit,

eines Künstlers Muse – sein Vergehen.

Die Intimität der Momente (23.08.2023)

flimmert, wie Sonne

auf heißem Asphalt,

über die Großleinwand

meines Gehirns.

 

Ein Universum der Gefühle

in einer Nussschale,

auf der Fahrt

durch die Zerbrechlichkeit.

 

In ihrer Bedeutung treibend,

setze ich –

meine Gralssuche fort.

 

Inspiriert durch Marie von Kuck - "Auf Parzivals Wegen"

Spaziergang mit L (20.08.2023)

 

Dem Kanal entgegen, voller Vorfreude auf die neuen Bilder.

Entlang der Liebe der Menschen zu Zäunen, Geometrie und

dem Streben nach Selbstbestimmung und Freiheit. Entfaltet

 

in kleinen, alltagsfreien Inseln, die Individualität flüstern.

Vorbei an knorrigen alten Weiden, die verwundet, versorgt,

sich dankbar dem Leben entgegenstrecken. Das blaue

 

Band säumen, offenbaren, wieviel Kraft der Wille in seinen

Fundamenten trägt. Auf der Eisenbahnbrücke innehalten,

tief atmen und aus dem blau grünen Kleinod ein Gefühl

 

schneiden, bis die Welt dahinter zum ersten Mal schwindet.

Befreit von anfänglichen Reizen auf die Sieben zu, die mit

ihren grün leuchtenden Zipfeln die kulturelle Vielfalt abstecken.

 

Dem Uferweg folgend, von Brücke zu Brücke, wo dichte

Bärlauchwolken, nach wenigen Metern, den Duft von Pasta

und Rotwein suggerieren. Überholt von vielen aufgemalten

 

Laufhosen, die in langen Fäden, die Sehnsucht älterer

Männer nach einem jüngeren Leben hinter sich herziehen.

Dann öffnet sich das Band und der Blick weitet sich. Gibt

 

die Zeugen einer vergangenen Zeit Preis, initiiert einen

kurzen Moment der Romantik. Ein älterer Mann, auf der

Stufe einer vernagelten Tür, kaum zu erkennen im Wald

 

der Graffitis, liebkost mit seinem Gesicht die Silhouette der

Stadt. Seine Verliebtheit folgt, wie eine ruhende Hand auf

der Schulter. Ein paar Schritte erzählen die Spraydosen

 

noch ihre Geschichten, dann folgt der abrupte Wechsel in

die glatte Welt der goldenen Quadratmeter, die sich zum

Glück schnell wieder der Schönheit ergeben. Durch den

 

spätgotischen Wächter die Insel betreten und bewusst

eintauchen, in die Welt der Giebel, Gänge und Höfe. Doch

zuerst auf den Gebeinen der Geschichte einen Moment

 

in der Weite Luft holen und sich von den Masten in eine

andere Zeit entführen lassen. Danach dem Pfad der

Galerien folgen und die Farben ihrer Kreativität trinken.

 

Die Lieblingsstraße betreten, dabei den Schritt an ihre

Leichtigkeit anpassen und die Bilder für eine spätere

Weinreflexion katalogisieren. Am Ende der Straße dann die

 

andere Seite für den Rückweg nutzen, um neue Blickwinkel

zu testen. Vorbei an herrenlosen Feuchtgaragen. Vereinsamt,

bewacht von augenlosen Fischern, die aufgereiht, wie

 

griechische Statuen den Weg zu meiner Burg weisen. Dann

sitzt da auf einer Bank eine kleine, ältere Dame, deren

Lächeln selbst die Sonne zu rühren scheint. Die glücklich,

 

unbeschwert die Beine baumeln lässt, als wäre es der erste

Tanz mit ihrer großen Liebe. Gefangen ob ihres Friedens

geht es inspiriert Richtung Westen, der gefüllt mit Glut

 

gesäumten Wolken der Stimmung die Krone aufsetzt und

die Vorfreude schürt, auf den nächsten Spaziergang mit L

– dem Ausleuchten der Schatten.

Die Bedeutung der Gegenwart (17.08.2023)

 

Der Versuch mit offenen Augen

die filigrane Schönheit festzuhalten,

ihr Wesen zu erfassen, löst das Leben

aus dem Fluss der Zeit.

 

Unbeeindruckt zeigt sich überall

neues Leben, folgt der Wahrheit

und seinen inhärenten Instinkten.

 

Ohne Kalkül säumt die Nymphe

das blaue Band, beantwortet die

unerwiderte Liebe mit Erblühen.

 

In den Wipfeln applaudiert der Wind,

fordert Zugabe von der Reinheit und

in einer Geste der Stille verliert sich

der Kontakt mit dem Bewussten.

 

Blau schimmernde Lichtblitze tragen

in ihrem Gefieder die Erkenntnis

der Belanglosigkeit und alles gleitet,

schweigt und füllt die Gegenwart

– mit Bedeutung.

Kneipenpoesie III (13.07.2023)

 

Die Suche entblößt

Stück für Stück

die alte Angst

vor dem Ergebnis.

Epilog zur Kneipenpoesie (13.07.2023)

 

In dem Spiegel

hinter den Gläsern

das ungenaue Ich

blutet und schweigt.

Befreiung (08.07.2023)

 

Elegant sommerlich gekleidet

steigt sie von ihrem Rad, wühlt

in den prall gefüllten Satteltaschen.

Das weiß graue Haar Fassade,

denn die Erscheinung und

die feinen Zeichnungen sprechen

Vitalität, Lebensfreude und

nie versiegte Lust.

 

Völlig selbstverständlich

nimmt sie auf dem Kantstein Platz,

dreht sich ihre Zigarette.

Den Oberkörper auf die

weit geöffneten Knie gestützt,

wirkt die Körperhaltung

wie Überdruss, wie ein

ungezähmtes Wildpferd.

Der erste Zug sehr tief

und genussvoll, erinnert

an einen postkoitalen Nachtisch.

 

Nach zwei weiteren Zügen

nimmt sie ihr Rad und

schiebt zurück in ihre Welt,

– freigeraucht

von einem Geheimnis.

Der Unterschied (20.06.23)

 

Sie sind wieder da.

Schneiden die Geometrie

aus der Luft,

zeichnen ihre Labyrinthe

in den Himmel.

 

Kaum wahrnehmbar

picken sie die Sahnestücke

aus der blau gefassten Speisekarte.

 

Mit ihren

akrobatischen Manövern

ziehen sie

die Kopfwürmer

aus der Großstadt

meines Gehirns.

 

Eine Schwalbe macht

noch keinen Sommer

– aber einen Unterschied.

Ein Sommermärchen (20.06.23)

 

Mit ihrer Leichtigkeit

streichen die Stimmen

des Sommers

die Fassaden der Straße,

pflanzen ihre Stimmung

in dutzende Kübel

und verdrängen so

das Grau des Asphalts.

Die Musik aus der

offenen Kneipentür

legt sich, wie Girlanden,

um die Giebel der Häuser.

 

Ein weiterer Neubeginn

vergessener Prioritäten.

Und bis zum Herbst

legt sich der Sommer

über die Gesichter

des Alltags.

Sommerträume (11.06.23)

 

In den Parks

und an den Ufern

liegt das Leben,

hingetupft wie Blumen,

weit geöffnet

nach langem Schlaf.

 

Wie Bienen

schwirren die Gefühle

von Oase zu Oase,

bestäuben die Existenz

mit den Träumen

des Sommers

– Träume von Leichtigkeit,

Intimität und Erblühen.

 

Ich hefte meine Träume

an den Ballon des Sommers

auf das er sie hinfort nimmt

– sie ihr Spiegelbild finden.

Vorgezogener Sommer (11.06.23)

 

Wie ein Schlussverkauf

für Sommerkleider

wandelt der Juni

durch die Straßen,

erzählt von der

Leichtigkeit der Gefühle,

setzt ihre Schönheit

in Szene.

 

Beschwingt rascheln sie

in leichten Schnittmustern

an mir vorbei.

Mein Lächeln badet

in ihrem Dopamin

und mein Herzorchester

erfährt ein Crescendo.

Vorgezogener Sommer 2 (11.06.23)

 

Angeregt durch den nährstoffreichen Boden

und die reichhaltigen Flüssigkeitsreserven

sprießen die Sitzundgenießblütler

vor den kulinarischen Tempeln.

Dazwischen picken sich Gutelaunefinken

die Goldkörnchen aus der Stimmung.

Wieder einmal ist das Opening geglückt

und das Leben – ganz einfach.

In den wenigen (03.06.23)

windstillen Momenten

schaue ich auf die

spiegelglatte Oberfläche,

voller Euphorie,

das Gesicht zu erkennen,

ihm einen Namen

geben zu können.

 

Doch bevor ich ihn

aussprechen kann,

die Suche zur Wahrheit wird,

wirft jemand einen Stein

und die aufziehenden Kreise

verzerren das Bild.

 

Und der Wind –

er nimmt wieder zu.

Selbsthilfe mit Romantik (29.05.23)

 

Die Zeit nimmt keine Rücksicht auf die,

die Zeit brauchen. Sonntagnacht und ich

zieh die Stunden Kaugummi zäh aus ihrer

60-Minuten-Schleife. Der wiederkehrende,

verzweifelte Versuch lebenserhaltender

Maßnahmen. Doch sie entgleitet mir, leer

und ungenutzt – unwiderruflich verloren.

 

Untergegangen in den regelmäßigen

Gruppensitzungen meiner Zeitfresser:

Dämonen, Kopfschleifen, Teufelskreise,

Gedankenketten und Kreisverkehr Analysen.

Nicht zu vergessen die Schauspieltruppe

„Seelenterror“, die wie jeden Tag, und in der

Abendvorstellung mit besonders viel Hingabe,

das Stück „Wir puzzeln uns ein Ich“ aufführt.

Sie zwingen mich mal wieder in ihre Vorführung.

Spulen ihre bekannten Dialoge ab, wieder und

immer wieder – aufreibend, Zeit tötend.

Niemand entkommt ihrem anhaltenden Gezänk.

 

Keine guten Aussichten für die Nacht. Kein

Grund schlafen zu gehen, außer der Vernunft

und ein müder Körper. Nur noch kurz die

verbrauchte Luft zusammen mit den ähnlich

gelagerten Wünschen in die Nacht entlassen.

Ich befreie die Balkontür von den Vorhängen,

da begrüßt mich auch schon mein alter Freund,

der ewige Berufsromantiker – Mond du alter

Schwerenöter; wir beide haben uns gefunden.

Sofort versucht er mich wieder zu verführen,

weiß genau, dass ich ihm nicht widerstehen

kann. Gießt sein sanft silbernes Licht über

meinen Balkon, so hell, dass ich die Farben

meiner Winterheide erkennen kann. Schon

zieht es mich hinaus zu ihm. Ich verschränke

die Arme, nur aus Frostgründen versteht sich

und nicke ihm einen vertrauten Gruß entgegen.

 

Ein klein wenig Angeber steckt schon in ihm,

so wie er da wieder mit seinem Aussehen

prahlt. Deutlich erkenne ich seinen Untermieter,

der so wie es scheint, auch nicht schlafen kann.

Dafür, dass keine Wolken ihren Auftritt stören,

sind die Sterne in dieser Nacht aber recht

schüchtern. Entweder sie trauen sich nicht

oder verblassen einfach in seiner dominant

narzisstischen Gegenwart? Kaum etwas regt sich.

Nur ein kleiner Hauch schleicht sich noch durch

die höchsten Blätter. Ein zart verspieltes Rascheln;

ein leises, rücksichtsvolles Flüstern. Stille auf der

benachbarten Bundesstraße.

 

Im Haus gegenüber wird in zwei Zimmern die

Schlaflosigkeit mit dem TV-Programm bekämpft.

Das typische kalte Licht flackert in die Nacht,

welches entsteht, wenn drinnen wie draußen

Dunkelheit herrscht. Unter mir das klassische

Sonntagnachtgemälde – Stillleben mit Auto.

Brav warten sie auf den kommenden Morgen,

wenn ihre Herrchen sie wieder ausführen.

Silbern glitzern und blitzen hier und da die

letzten Blätter. Er scheint mit ihnen zu spielen,

sie zärtlich zu liebkosen, bis sie für immer fallen.

Ja, mit Licht kann er schon umgehen. Weiß, wie

man unvergessliche, romantische Bilder malt.

 

Die tierischen Bewohner unserer Straße

scheinen allesamt schon zu schlafen. Oder

ist es schon zu kalt? Kein Leben ist in Baum

und Laub zu vernehmen. Wieder einmal

denke ich: so friedlich, so ruhig diese Welt.

Und schon kriegen sich auf dem benachbarten

See zwei Gänse in die Federn. Zu schnell mit

der sehnsuchtsvollen Romantik, du alter Träumer

– ich muss lachen. Doch schnell haben sich

die Gänse geeinigt. Der Disput war kurz und

tut der Stimmung keinen Abbruch.

 

Ich nicke noch einmal dankend in Richtung

Gesicht, denn die Kälte hat sich ihren Weg durch

meine Kleidung gebahnt – ein guter Grund fürs Bett. 

Das neue ICH (20.05.23)

 

Das neue ICH, kernlos,

Treibsand für die Menschlichkeit.

Darwins Theorie triumphiert,

lässt die Empathie erfrieren.

Das Bild im Spiegel dominiert

die Wahrnehmung, verdrängt

den Blick auf die andere Seite.

Die Erde wird wärmer,

der Rest – kälter.

Trost der Nacht (17.04.23)

 

Die Dunkelheit fokussiert,

was der Tag ins Exil verdammt.

Sperrt aus, was nicht ins Herz gehört.

 

In der Nacht geboren,

überdauert die Schönheit

das gleißende Licht.

Voller Bewunderung (13.03.23)

 

Wieviel Blut

kann ein Blatt ertragen,

bis es unter dem Gewicht

der Feder zerreißt

und die Worte sich ergießen

in das Vergessen?

Ich bewundere das Papier –

für seine Kraft.

Ohne Absicht (10.03.23)

 

Auf der Leinwand

hinter dem Auge

folgt das Wort

keinem Gesetz

und die Projektion

ergibt sich dem Licht.

Kneipenpoesie II (10.03.23)

 

Aufs Papier geblutet,

formen die Worte

die ersten Konturen

einer neuen Suche.

Fluch (06.01.23)

 

In meinem Kopfflipper

jagen Gedankenkugeln

über die Spielfläche

meines Gehirns –

­finden keine Löcher.

Kneipenpoesie (28.12.22)

 

In dem Spiegel

hinter den Gläsern

ein ungenaues Ich

fließt aufs Papier.

Herbstgesang

 

Schwer geht sich

der Teppich aus Vergänglichkeit.

 

Unstet wandert der Blick

von Schicksal zu Schicksal,

verliert sich in den letzten Liebesgrüßen.

 

Mit ihnen fällt die Leichtigkeit.