(alle Texte und alle Fotos)
Gedicht des Monats: 2022, Mai
Wir – in der Vergangenheitsform
(aus: Lücken der Liebe)
Ich schaue über den Bauzaun,
an dem ich vorbeigehe.
Ein Baggerfahrer reißt mit der Abrissbirne
die Ruine eines alten Wasserturms ein
und vernebelt die klare Morgenluft
Auf dem Turm standen einmal wir...
Wo stehst du heute?
weitere Gedichte des Monats
- Selbstbetrug (diese ewige Sucht nach dem Anderssein) (2022, April)
- Der Elch II (2022, März)
Neuer Text: Poetenleben (ab dem 02.06.2022 an dieser Stelle)
Neuer Text
Messer
(aus: Lücken der Liebe)
Bei Ihr wusste ich,
dass ich zwar nicht ihrer Liebe,
jedoch ihrer Freundschaft,
vertrauen durfte
So konnten wir,
nach dem Ende ihrer Liebe,
die Freundschaft
noch retten
Bei Dir
wusste ich es nicht
und bin dir direkt
ins Messer gelaufen
Ankündigung: Tajuras Lied - ein neuer Text von Jacques Dulon, demnächst an dieser Stelle
Neue Aufnahme
fremde Federn
(eine Auswahl meiner Lieblingsgedichte der Lübecker LyrikerInnen)
- der abglanz der aprikosensonne (Maja Löwe)
- Einfach lassen (Elisabeth Oltzen)
- Im Licht mein Schatten (Frauke Krieger)
- Sing mir den Weg (unveröffentlicht) (Soheyla Sadr)
- Themenarbeit zu dem Thema „W“ (Susanne Kaffka)
- Wassermann (unveröffentlicht) (Frauke Krieger)
- wenn die stunden meine landflächen (Maja Löwe)
Eure Audio-Favoriten unter den Dulon-Texten im letzten Jahr / in den letzten Monaten
(Meinen Dank für euer Interesse)
(über den gesamten Zeitraum)
1. Mein Liebeslied für Dich
2. Der schlimme Mann
3. Dieser seltsame Reiter
2021 - Mein Liebeslied für Dich
2022 (bisher) - Der schlimme Mann
Oktober 2021 - Dieser seltsame Reiter
November 2021 - Mein Liebeslied für Dich
Dezember 2021 - Als wir uns trafen
Januar 2022 - Die Poeten
Februar 2022 - Mein Liebeslied für Dich
März 2022 - Der schlimme Mann
April 2022 - Hey Jim (Sunset over Zanzibar)
Mai 2022 (bisher) - Der schlimme Mann
Neue Aufnahme
Hey Jim - Sunset over Zanzibar
(ein Text zu einer nicht existierenden Musik von den "Doors")
I asked you, Jim, what is it all about?
The reality I knew was just a fraud
Jim, do you think it should be like this?
Should all betraying start with an innocent kiss?
Jim, have you seen the seven Angels beneath the stars above?
I was told, Jim, those Goddess are the Queens of war ´n love
Have you ever heard about the man who survived the World War Three?
Do you think, Jim, someone can find a single footprint outside our Galaxy?
Jim, I'm not sure about your latest son
Is he supposed to do the work you have done?
Jim, what he did in June it wasn't right
No war should end with a Hallelujah or a second fight
Jim, are you aware that word was spoken here for us long time ago?
I was told, Jim, by a voice raised and broken like the man perhaps you know
Or you have heard about the one who survived the World War Three
No one, Jim, no one can find a single footprint outside our Galaxy
Hey Jim, can you hear me wherever you brought your broken body down?
Jim, I tried to search the truth of man perhaps you've found
It is not that I'm too weak for my remaining days
Jim, it doesn't matter where you are, I know it is not my case
But I would like to know - if you can answer this
Should all betraying start with an innocent kiss?
Jim, do you know what happened to the man in the World War Three?
Do you think he has found a single footprint inside our Galaxy?
Okay Jim, you can do whatever you have to do I´ll cut the line
The tombstone you have left is not connected to your mind or sign
Jim, sometimes I feel like a motherless monkey in a burnt down house
I know, Jim, there are so many golden fields of crops where I can browse
And perhaps I will approach a maid to hug and kiss
But Jim, at the end those seven Angels will suck the bliss.
No, Jim, there is no future for the man who survived the World War Three
Let me count my footprints in the sand next to the Indian Sea
Hey Jim, I have seen last week the sunset over Zanzibar
I drove my car down to Stone Town heading the Mercury-Bar
All Arabic prosecutors had left before the morning dew
Jim you always said Mi Lai was as worse as World War One or Two
For my final destination I select I must find a name
Yes Jim, I'm on my way but I misplaced somehow my walking cane
I guess I left the stick and took a gun for the World War Three
No, Jim, no - if you have ever heard about the man… no, it wasn't me
No, Jim, no
No, no - it wasn't me
Der schlimme Mann
(ein Stück für Chor, Schlagzeug und Orchester)
I
Der schlimme Mann aus Moskau
will nun neue Grenzen ziehen
und Menschen müssen wieder
über Grenzen fliehen
Drum hat er diesmal
rückwärts an der Zeit gedreht
bis nach seinen Uhren - hier
ein neuer Krieg entsteht
Wie Ivan Grozny, Josef Stalin
ist er ein kranker Tyrannen-Sohn
und stürzt sein Reich - was kümmert´s ihn
von einer großen Kulturnation
immer weiter in die Barbarei
bis nach Kiew, Charkiw und Odessa
wo das Leid aus seiner Tyrannei
füttert - nimmersatte Menschenfresser
Wo Lustgewinn, wie Liebesrauschen
nach Raketen klingen,
wo sich die Töne dann vertauschen
zu Klageliedern, die wir singen,
da spielt er Schach mit den Figuren
in denen er sich selber sieht,
Caesar, Zar – die blut´gen Spuren
die er fahrig übers Schachbrett zieht
Der schlimme Mann aus Moskau
will nun neue Grenzen ziehen
und Menschen müssen wieder
über Grenzen fliehen
Drum hat er diesmal
rückwärts an der Zeit gedreht
bis nach seinen Uhren - hier
ein neuer Krieg entsteht
Er strauchelt schon – man kann es ahnen
weil Hochmut stets den Fall erzeugt
Nur Speichellecker halten ängstlich ihre Fahnen
in den Wind, der ihr eigenes Rückgrat beugt.
Die Karten sind verteilt und wohl auch gezinkt
bis zu seinem aller letzten Blanko-Blatt.
Selbst wenn er - auch jetzt noch - neue Trümpfe bringt,
steht der schlimmer Mann schon längst im Schach und Matt.
Ob Figurenschieben oder Kartenspiel,
ob Seiltänzer über einem Glut-Vulkan...
der schlimme Mann kennt nur sein eigenes Ziel
und lebt nur noch in seinem eigenen Wahn
Er hebt den Vorhang, spielt auf Bühnen
und weiß nicht wie die Stücke sind
Er spielt auf Sieg – um sich zu rühmen
bevor das Endspiel dann beginnt
Der schlimme Mann aus Moskau
will nun neue Grenzen ziehen
und Menschen müssen wieder
über Grenzen fliehen
Drum hat er diesmal
rückwärts an der Zeit gedreht
bis nach seinen Uhren - hier
ein neuer Krieg entsteht
II (Boxer)
Das Leid der Menschen ist nun unverstellt,
so nackt und grell wie ihre Sehnsucht
scheint - nach Freiheit, die sie am Leben hält,
zwischen Kämpfen, Bleiben und der Flucht!
Ein Boxer ist´s, der nicht vorm Kämpfen flieht
Verzweifelt wirft er seinen Faustschuh fort,
nur um zu bleiben, denn dort wo sein Kampfkleid liegt
ist sein Heimatort…..
24.02.2022
wer seinen Bruder erschlägt,
trägt fortan das sichtbare
Zeichen einer Wunde
auf der eigenen Haut
wer seinen Bruder erschlägt,
dem reinigt auch nicht
das Pilatus-Wasser
die eigenen Hände
Neuer Text
Countdown (ins Beschränkte)
- inspiriert durch peng! und die Wortspiele von Elisabeth Oltzen -
drei-ste
zwei-fel
an meiner
eins-eitigkeit
Zwei Panzer (vor Kiew)
Und als der erste Panzer rollt,
kann ich es nicht ertragen.
Er rollt die Menschen nieder,
die sich auf die Straße wagen
Ein zweiter Panzer fährt vorbei,
der auf einen Einkaufsladen zielte
Dort sucht ein Hund – minutenlang,
das Kind, mit dem er spielte
Neue Aufnahme
Ankündigung: Ein Augenblick der Ewigkeit - ein Hommage auf Georges Moustaki von Jacques Dulon, demnächst an dieser Stelle
Was zu tun ist
(inspiriert durch Elisabeth Oltzen)
mit Abstand
anstehen!
mit Anstand
aufstehen!
beim Aufstand...
weggehen?
Erkennen
(nach dem Gedicht “Einfach so” von Elisabeth Oltzen)
Wie durch ein Leben
ein Beben entsteht
Wie ein Beben
ein Leben belebt
Wie du dich in mir
fortwährend versteckst
Wie ich mich in dir
dadurch entdeck´
Können wir uns erkennen,
sobald wir uns trennen
Brücken ohne Ufer
(inspiriert durch Elisabeth Oltzen)
Sagst "wir"
Meinst "dich"
Sagst "uns"
Denkst: "ich"
Redest mit mir
Zu dir
Hörst dich gerne reden
(so dass ich verstumme)
Über mein Schweigen
legst du deine Worte
wie ein Baumeister
seine großartigen Brücken
Doch du bist nur ein Rufer
auf diesen Brücken ohne Ufer
Neue Aufnahme
Leaving the table
(eine Verbeugung vor Leonard Cohen)
My doubts were always too strong
Raised by a restless surrender
What I did was never the best
And the faith I kept - it is gone
I think I have to confess
My readiness
I have crossed my world to ensure
There aren’t no greater defenders
What remains must be burnt
And later be cured
I think I have to confirm
That I´m concerned
I had to enter the Heartbreak Hotel
But I didn´t look up to the mourners
Not knowing who is ready to heal
And who will be burnt in the heartbroken hell
I think I have to conceal
That demon´s deal
There was someone who died in the morning
When we heard that song of a crooner
Being touched by love was always a crime
And you left me without any warnings
I think I have to define
That heart of mine
What you said and always proclaimed
Was a meaningless roar for believers
But I did believe you! - Whatever you meant
And that is really a shame
I think I have to defend
My very stand
You were demanding my love - I was so proud
For being your dirt dumping dealer
Directing our love from diamonds to dust
And from the fortune I fell back to the fraud
I think I have to mistrust
Your loveless lust
I was judged by my own successor
Who deleted my name in your schedule of love
Being back at the end of the queue
I need now a girl to address her
I think I have to endure
Not being pure
This morning I received a poem from your lover
He has scratched my name under that draft
He´s foolish as I was - such kind of kid
Can´t cope with you – he is only a cover
I think I have to admit
I wrote that shit
You know what I like – what I wanted to be
You are straight like a morningless noon
For love, you said, I will pay
But your spirit remains being free
I think I have to obey
… And pray
I m a teaser for tears, poet for pains
And yes – I was surely your groom
Always too weak and for not being stable…
Let me get out of the game
I think I have to be able
To leave your table
(falscher Anfang)
be
am
an
fang
mit
lie
an
Homepage Reiner Schubert: www.mundharmonikalive.de
Foto: GEDANKEN, Hainich www.jacquesdulon.com/hainich
Homepage Reiner Schubert: www.mundharmonikalive.de
Foto: IM LICHT DAS LICHT, Breisach www.jacquesdulon.com/wia-breisach
Im Schatten junger Frauenblüte
eine Hommage auf Marcel Proust
(aus: Sämtliche Chansons, 1978-2022)
Der Maler sieht die Frauen
Im frühen Morgenlicht
Wie sie sich selbst beschauen
Und die eine leise spricht
„Lasst uns ins Wasser wieder
Um der Müdigkeit zu fliehen“
Er sieht die nackten Glieder
Wie sie in die Brandung ziehen
Der Maler wählt die Töne
Für das matte Sonnengelb
Und er sieht wie jene Schöne
Sich in die Brandung stellt
Sich dreht und zu den andren
Dann wieder leise spricht
Des Malers Augen wandern
Zwischen Farben und dem Licht
Der Maler zieht die Linien
Nackter Körper, braun die Haut
Im Schatten seiner Pinien
Wählt die Kreide wenn er schaut
Auf die Eine in den Wellen
Die ihn entdeckt bei seinem Baum
Zwischen Skizzen, Aquarellen
Malt der Maler seinen Traum
Der Maler hebt die Kreide
Und die Hand mit der er winkt
Die andre misst die Weite
Als ein Lachen zu ihm dringt
Er sieht die Frauen kehren
Zu dem schmalen Strand zurück
Mit den Augen zu begehren
Weiß der Maler um sein Glück
Foto: SCHATTENWURF, Neuf Brisach Places in Europe | N | Jacques Dulon
Textinspiration: "Die Stadt" von Frauke Krieger
Der Elch (II)
(eine Postkartenbeschreibung) - für Iryna
Der Elch unter dem Himmel der Welt
Schaut hoch zu den Sternen, den Boden bedeckt
Ein Teppich aus gefrorenem Schnee
Über dem Elch ziehen die Wetter hinweg
Die Wetter aus Sturm - für die offene See,
die Sonnen der Wüsten, ein Gewitter das bellt
So laut ist der Ton – doch der Elch schaut nur still
Zum Himmel der Welt – mit seinen Wettern aus Licht
Aus leuchtenden Farben – stratosphärengebeugt
Magnetisierte Ionen – wenn Strahlung sich bricht
in seine Augen dann taucht – von Pupillen gestreut
zum märchenhaft feinen, kosmischen Bild
Foto: GESTEINIGT, Zingst Zingst (Zingst) | Jacques Dulon
Dichten erlernen
(aus: Selbstgespräche mit dem literarischen ICH)
Kannst du das Dichten nicht lassen
Hebe dir wenigstens die edleren Themen
Für später auf - um sie – dann - als ein Meister zu fassen
(Das erspart dir den Spott - und vermindert die Tränen)
Doch für die ersten 1000 Jahre,
In denen du dir - als Dichter - deine Themen wählst
Nimm das allzu Bekannte – und zeig´ auf das einmalig Wahre,
Das du dir dann dichtend neu erzählst
Wähle den Karton – in dem man sonst Schuhe verkauft
Nun aber sterbende Fische liegen
Erzähl von ihrer Sehnsucht - nach einem Wasserlauf
Und auch von den Schuhen – mit ihrem Traum vom Fliegen
Wähle das Streichholz – verbrannt! - und kleide
Die Suche nach seinem inneren Glühen
In einen Kampf ohne Hoffnung - doch vermeide
Den Quatsch vom… : Es zählt das Bemühen
Wähle... - nun gut! du leidest ja Qualen -
Schlussendlich auch Dich –, und schreibe, wie du deine Sehnsucht stillst
Damit all die edleren Themen dann später erstrahlen
In einem schöneren Garten – und jetzt schreib über dich! - was du willst...
(aus: Lücken der Liebe)
Hieße ein Kreis
"Ich liebe dich"
so schnitt ich ihn aus
und schenkte dir
das Loch
All dies geschieht
Bäume brechen Asphalt auf
Splitternde Äste fallen
Im Nachtfrost
Birken beleuchten ihr Weiß
Ein sich mühender Wurm
Überquert eine Klippe
(ein anderer ist schon erfroren)
All dies geschieht
Im Scheinwerferlicht
einer rasenden Zeit
Foto: FREMDES LICHT, Colmar www.jacquesdulon.com/wia-colmar
Neue Aufnahme
Ankündigung: Der Sohn (Brücken ohne Ufer) (Der Sohn III) - ein Text von Jacques Dulon, demnächst an dieser Stelle
Zwischen Wänden
(aus: Lücken der Liebe)
Vereinzelt dein Wort
Auf Tapeten gebügelt
Dass der Raum
Zwischen mir und dem Zimmer
Nicht leiser erscheint
Ohne Dich
Foto: DIE UNGLEICHEN SCHWESTERN, Art Work, Jacques Dulon
Mord am Morgen
Der erste Mord am Morgen musste sein
Das Opfer - eine Mücke - noch kindlich klein...
Der nächste dann, das war schon Gier
Mit blut´ger Hand erschlug ich auch das Muttertier
Das Albino-Reh
Im Winter ein Reh
Ganz weiß!
Vom Schnee?
Nee
auf einer Baustelle
Maurer lachen gern
Das kann ich euch sagen
Wenn sie die Zementsäcke
Über die Baustelle tragen
Und sie pfeifen dabei
Ganz locker den Mädchen hinterher
Locker Pfeifen ist ganz schön schwer
Eine Freundin...
(aus: Lücken der Liebe)
...rief mich neulich an,
eine Freundin,
die mir manchmal noch richtig fehlt
Sie sagte: tut mir leid, wirklich
Ich habe mich verwählt
inspiriert durch das Lied "Schräge Straße" von Manfred Maurenbrecher
Foto: MEDITATION, Minden www.jacquesdulon.com/wia-minden
Was wird bleiben (von meiner Dichtung)?
(aus: Selbstgespräche mit dem literarischen ICH)
Wird ein einziger Zyklus oder nur ein Poem
Vielleicht nur ein Satz, ein vereinzeltes Wort
Die Reise durch zukünftige Zeiten überstehen?
Was wird von mir bis in die weitere Zukunft reichen?
und ohne mich leben, denn ich leb´ nicht mehr dort
Was wird bleiben…? - Welch´ sinnlose Frage !
Doch hätt´ ich die Wahl – Ich sagte es nicht!
Nun ganz ohne Macht, (was auch immer ich sage)
Wähl ich mir - ein einziges Zeichen:
den - Gedankenstrich
Foto: SCHEINBARE BERÜHRUNG, Silkeborg Skovene www.jacquesdulon.com/silkeborgskovene
kein Brief
(aus: Lücken der Liebe)
Die Spinne,
die
beim Nahen des Trägers
sich nicht mehr erschreckt;
die
ruhig in den Weben
vor dem Schlitz verharrt;
will
mein Warten auf Nachricht
von Hoffnung befreien
fremdes Mein
(aus: Lücken der Liebe)
Du hast
keine eigene
Meinung,
schrie sie,
meine Frage
nicht achtend:
Meinst du?
Wahrscheinlich
Hatte sie recht
Foto: TANZ, Meppel www.jacquesdulon.com/wia-meppel
Herzgewalten
(aus: Lücken der Liebe)
Vielleicht solltest du ihr noch mal schreiben?
sagte mein Herz –
Und mein Verstand:
Lass es lieber bleiben!
Ich folgte meinen Herzgewalten
Doch mein Verstand sollte recht behalten
M-Trick
(aus: Buchstaben-Ballett)
Sprach das M:
Schau was ich kann -
Einen Kopfstand!
Und es verschwand
durch diesen Dreh
Und es entstand
das große W
Ich auch,
antwortete das S
(Doch leider blieb der Trick bis heute unentdeckt)
Mehr haben wir nicht (Rue de Madeleine 90)
(eine Verbeugung vor Claude Simon "Le Vent" und Bob Dylan "Desolation Row")
Der Johnny weiß selbst nicht wie er eigentlich heißt
Er weiß, dass er weiß, dass er niemals was weiß
Lolita, die Kindfrau trägt in sich selber ein Kind
Sie träumt ihren Traum und erfüllt den der anderen - so wie Männer halt sind
Doch nicht dem Juan, der sie jeden Tag mit einer Rose berührt
Denn die Lolita hat noch nie einer mit Anstand und Ehre verführt
Und ich lebe bei ihnen, doch du fragst mich nicht, wo das denn ist…
das ist da, wo ich dich jeden Abend vermiss
das ist da, wo du jeden Abend nicht bist
In der Rue de Madeleine quatre-vingt dix
Der Dichter zerreißt seine Strophen und zahlt sich den Lohn
Er glaubt seinen Taten und erspart sich den Hohn
Ein Feuerwehrmann kippt sich sein Bier in den Schoss
Er löscht sein Verlangen, doch er wird es dadurch nicht los
Der Feuermann Johnny war einmal ´ne Seemannsbraut unten am Hafen
Bis die Nutten ihn lachend von der Kaimauer warfen
Und ich lebe bei ihnen, doch du fragst mich nicht, wo das denn ist…
das ist da, wo ich dich jeden Abend vermiss
das ist da, wo du jeden Abend nicht bist
In der Rue de Madeleine quatre-vingt dix
Neulich kam Henry, der Leuchtturmwärter auch in unser Quartier
Und beleuchtete die Straßen, vielleicht damit ich dich seh´
Seit jenem Tag verirren sich Boote weit draußen im Meer
Sie erwarten den Wärter und auch deine baldige Wiederkehr
Die Stühle vorm Bistro sind morgens schon alle belegt
In der Hoffnung, dass irgendwer auch noch die Tische nach draußen trägt
Und ich lebe mit ihnen, doch du fragst mich nicht, wo das denn ist…
das ist da, wo ich dich jeden Abend vermiss
das ist da, wo du jeden Abend nicht bist
In der Rue de Madeleine quatre-vingt dix
Johanna taufte das Boot ihres Mannes auf den Namen: Jesu
Denn Jesus ging über die Wellen, das weißt doch auch du
Das Boot liegt heut´ neben den Netzen verlassen am Strand
Denn Jan, ihr Mann, predigt unten im Süden, wie er den Weg zu Jesus fand
Johanna bedient im Bistro und bringt mir den Kaffee soeben
Und ich klebe die zerrissenen Strophen, um sie Johanna zu geben
Ich leb´ hier zufrieden, doch du fragst mich nicht wo das denn ist…
das ist da, wo ich dich jeden Abend vermiss
das ist da, wo du jeden Abend nicht bist
In der Rue de Madeleine quatre-vingt dix
Für Johnny ist dieses Lied der Beweis, dass ich ein Dichter bin
Und für Johanna, bin ich nur ein dummes, verlassenes Kind
Johnny sagt, dass er das erste Mal in einem Lied erscheint
Und dann geht er zurück zu dem Hafen, und ich seh´, dass er weint
Auch Johanna denkt an das Boot dort an dem leeren Strand
„Du bist nicht fair zu uns“, sagt sie, und berührt meinen Kopf mit ihrer Hand
Ich leb´ hier zufrieden, doch du fragst mich nicht wo das denn ist…
das ist da, wo ich dich jeden Abend vermiss
das ist da, wo du jeden Abend nicht bist
In der Rue de Madeleine quatre-vingt dix
Juan grüßt und setzt sich zu mir an den Tisch sehr nah
Er flüstert ganz leise und trägt noch immer seine leuchtende Rose im Haar
„Heut´ Abend werde ich ihr mit dieser Blume einen Antrag machen
Ich sag es nur dir, denn die anderen würden ja sicher über mich lachen“
„Ach Juan“, sag ich, „die Lolita ist doch schon lange vergeben“
„Ich weiß“, sagt Juan, „aber ich kann ohne sie nun mal nicht leben“
Und ich leb´ hier zufrieden, doch du fragst mich nicht wo das denn ist….
das ist da, wo ich dich jeden Abend vermiss
das ist da, wo du jeden Abend nicht bist
In der Rue de Madeleine quatre-vingt dix
Henry kam mit einer Nachricht von dir heut Morgen in das Bistro
Er sagte, du wärst mit den Fischern weit draußen auf dem Meer irgendwo
Ich weiß, dass sie dich dort irgendwann zu ihrer Heiligen ernennen
Und der Jan aus dem Süden wird für dich und zu dir über das Wasser rennen
Das weiß auch Johanna, und darum halten wir uns nur durch unsere Worte am Leben
Mehr haben wir nicht, und wir können auch darum nichts anderes mehr geben
Doch ich leb´ hier zufrieden, denn du fragst mich nicht wo das denn ist….
das ist da, wo ich dich jeden Abend vermiss
das ist da, wo du jeden Abend nicht bist
In der Rue de Madeleine quatre-vingt dix
Unerhörter Weggang
(aus: Lücken der Liebe)
Von deinen Schuhen
Fiel
Der Klang
Deiner Schritte
Weich und leise
Auf meinen Teppich
So blieb
Dein Fortgang
Unerhört
In meinem Zimmer
Einfach liegen
Nicholas McDonald (contact via Jacques Dulon)
Foto: SCHAUEN, Neuf Brisach www.jacquesdulon.com/wia-neuf-brisach
Neue Aufnahme
Foto: SCHATTENTÄNZERIN, Daun www.jacquesdulon.com/whats-new
Snow in the Mountains
(Against any cultural discrimination & for Nûdem Durak)
Snow in the mountains
They are covered with light
The hills are reflecting
This indescribable white
But don´t ask any questions
Don´t dig too deep
You may fall onto others
Considered as weed
Snow in the mountains
Deep in the night
All hills are now weeping
With an indescribable sigh
You could hear the answer
You can smell the blood
You will fall onto others
You may stick into mud
Snow in the mountains
So innocently bright
But your voice start singing
With no reason to hide
You are now in prison
Keep acting as strong
As your voice in the mountains
Keep singing your song
Ankündigung: Next to Arica - ein Lied von Jacques Dulon, demnächst an dieser Stelle
10 Fragen des Lübecker Lyriktreffs
Wer bist du?
Ein Mensch, der nach Ausdrucksmöglichkeiten sucht und manchmal - in glücklichen Momenten - auch die geeigneten findet…
Was inspiriert dich?
Töne, Gerüche, Wörter, Bilder, Musik, Gehörtes, die Stille, Landschaften, Erinnerungen – eigentlich alles, sobald es mich berührt.; im Positiven - wie auch im Negativen
Womit schreibst du am liebsten?
Mit Humor und dem eigenen PC – weil Texte bei mir in einem längeren Prozess entstehen, und ich sie nicht mit jeder neuen Arbeitsfassung erneut abschreiben möchte…
Was wäre eine Welt ohne Poesie für dich?
Soll ich frei nach Nietzsche antworten? - Ein Irrtum…!? aber nein… Poesie entsteht doch von ganz allein in allen Freiräumen - in denen des Denkens, Fühlens, Sprechens, Spielens…. Wer Freiräume durch Intoleranz, Rechthaberei, Abgestumpftheit zerstört, vernichtet damit auch immer die eigenen Wurzeln seiner Poesie.
Hast du Lieblingswörter?
Oh ja - Immer die, die mich gerade zu einem neuen Text inspirieren.
Wofür müsste ein Wort erfunden werden?
Ich hoffe, dass das Erfinden von Wörtern eine Hauptaufgabe der Poeten bleibt und ihnen dieser Kreativraum auch nicht genommen wird.
Gibt es verschwindende Wörter, die du gerne retten würdest?
Nein…. Wörter zu retten, betrachte ich nicht als meine Aufgabe. Sie besuchen mich für eine Zeit, wir arbeiten zusammen und anschließend verlassen sie mich wieder... Dass sie verschwinden, hat für mich etwas ganz natürliches. Und im besten Fall, haben sie mich durch ihre Anwesenheit ein klein wenig gerettet.
Hast du ein Zitat, das dich durch das Leben begleitet?
Ja, es gibt viele Sätze von geistreichen und humorvollen Menschen, die mich zum Nachdenken verführt haben… und zum Schmunzeln. Aber ich betrachte sie nie als Gebote. Sie sind keine Dogmen, sondern fordern mich manchmal sogar zum Widerspruch auf.
Welche Bücher würdest du auf eine einsame Insel mitnehmen?
Jetzt schlage ich einmal ganz kräftig die Werbetrommel für die Bücher von Erri de Luca, sowie die beiden großen Romane von Gao Xingjian; für die außergewöhnliche Clarice Lispector, die wortschöpferische Marcia Bodrožić und die uns menschlich ermahnende Olga Tokarczuk…. Soll ich weitermachen?
Welche "gute Medizin" würdest du der Welt gerne verordnen?
Keine – denn der sogenannte Patient ist mir ein paar Nummern zu groß. Aber vielleicht sind wir ja die Kranken, die eine Medizin benötigen.
Ankündigung: Brücken (zwischen den Seelen) - ein neues Lied von Jacques Dulon, demnächst an dieser Stelle
last update 28.05.2022