Petra Jankowsky

Anders-Sein


Anders-Sein, ich würde so gern einfach mal ganz anders sein. Anders als
ich und anders als alle Anderen. Wer sind denn eigentlich diese Anderen?
Und wenn ich ganz anders sein will, bin ich dann nicht jetzt schon anders?
Oder wollen die Anderen etwa auch alle ganz anders sein? Vielleicht sind
die Anderen ja auch alle schon ganz anders. Wer ist denn jetzt anders?
Sind wir alle anders? Und was, wenn wir gar nicht so anders sind, wie wir
glauben, dass wir es sind, sondern ... Sie ahnen es natürlich schon ...
ganz anders.


Was, wenn dieses Anders-Sein dann doch wieder ganz anders wäre, als
wir es uns vorgestellt haben, bevor wir anders wurden? Dann wäre der
Mensch, der dachte, er sei doch ganz anders, als er anders werden wollte,
wieder ganz anders, als er dann anders war. Hm, oder so ..., was, wenn der
Mensch, der anders war, als er dachte, anders gewesen ist, als er wollte,
dann wäre er dann, wenn er endlich anders geworden ist, vielleicht ganz
anders, anders, als er es gewollt hätte, bevor er anfing anders zu werden.


Sie kommen nicht mehr mit? Ich auch nicht! Wissen Sie was? Seien Sie
doch einfach in jedem einzelnen Augenblick Ihres Lebens so anders, wie
Sie es gerade sein wollen! Oder auch anders! Wahrscheinlich sind wir doch
auch alle gaaanz anders! Oder am Ende vielleicht doch auch alle wieder
gleich in unserem Wunsch danach anders zu sein? Traut Euch! Seid doch
einfach mal ganz anders!

Anders-Sein, Teil 2


Schreiben, einfach so. Okay, doch was?
Kreativ sein, ganz spontan. Sicher, doch wie?
Ich selbst sein, gerne, nur wer bin ich jetzt gerade?
Ich schlendere in Gedanken durch mein Leben, versinke
dabei manchmal im Morast meiner eigenen Ansprüche,
tanze leicht und frei im Flow und stolpere gelegentlich
im Gefühlsdunkeln in Lücken, um Jahr für Jahr mehr ich
Selbst zu sein, und während der ganzen Zeit bin ich...

 


die Suchende, die Fluchende, die Forschende, die Horchende,
die Findende, die lose Fäden Bindende, die Lockende, die Bockende,
die auf Gedankeneiern Hockende, die mit den Wörtern Zockende, die
Zweifelnde, die durch das Leben Reifende, die Fröhliche, die
Wachende, die über sich selbst Lachende, die neue Sachen Machende,
die Ängstliche, die Staunende, die vor Entsetzen Raunende, die Singende,
die in Gedanken Springende, die Bauende, die auf den alten Mustern
Kauende, die neue Pläne Schauende, die Blühende, die Sprühende, die
Träumende, die vor Begeisterung Überschäumende, die Räumende, die
Schissige, die Bissige, die Tanzende, die Schwafelnde, die
Tafelnde, die Grübelnde, die sich selbst Beflügelnde, die Ratende, die auf
die Lösung Wartende, die manchmal senkrecht Startende, die
Fauchende, die Hauchende, die nach den Schätzen Tauchende, die
Lobende, die Tobende, die Dösende, die alte Rätsel Lösende,
die Bebende,die Strebende, die über Lücken Schwebende, die Gebende,

die nach ihren Werten Lebende, die Kochende, die auf ihren Standpunkt Pochende,
die Juchzende, die Pupsende, die Fließende, die mit allen
Sinnen Genießende, die Quasselnde, die nicht ins Schema Passende,
die Träume sterben Lassende, die Gebärende, die Nährende, die Hütende,
die Wütende, die Fordernde, die vor Gefühlen Überbordende, die
Flitzende, die auf heißen Kohlen Sitzende, die deshalb manchmal
Schwitzende, die Gläubige, die Planende, die Ahnende, die neue
Wege Bahnende, die Rügende, die sich dem Leben Fügende, die ungern
sich Begnügende, die nie Lügende (ähem), die Flehende, die zu sich selber
Stehende, die andere Welten Sehende, die Sonnige, die Wonnige,
die Clownige, die Launige, die Ziehende, die Fliehende, die
Mildernde, die oft auf fremden Pfaden Pilgernde, die Lernende, die
manchmal sich Entfernende, die Hörende, die Störende, die Nehmende,
die sich nach Liebe Sehnende, die sich manchmal gern Anlehnende, die
Flatternde, die Schnatternde, die Geistige, die Fleißige, die Siegende, die
sich die Welt zurecht Biegende, die mit den Vögeln Fliegende, die
Wollende, die Sollende, die Meidende, die Leidende, die Könnende, die
Gönnende, die Denkende, die Lenkende, die Fühlende, die
sehr ungern den Abwasch Spülende, die Tuende, die Buhende, die gerne
in sich Ruhende, die Verrückende, die Entzückende, die Beglückende, die
Worte gerade Rückende, die Hexende, die Text...


ende

Bühne
ein Schauspiel
vorüber Akt eins
der zweite noch Geheimnis
Lebensbühne

Arbeit


Ein altes deutsches Sprichwort sagt: „Erst die Arbeit und dann das
Vergnügen.“ Komisch. Warum nicht: „Erst das Vergnügen, den Spaß, die
Leichtigkeit und dann die Arbeit?“ Oder, völlig abwegig: Kann die Arbeit
selbst denn kein Vergnügen sein?


Warum muss der Begriff Arbeit bei uns immer etwas mit Blut, Schweiß und
Tränen zu tun haben? Weshalb muss es immer anstrengend, ermüdend
oder schwer sein zu arbeiten? Wieso können oder dürfen wir dabei kein
Vergnügen empfinden und Spaß haben? Und was ist überhaupt Arbeit?
Wie ist unsere Definition von Arbeit? Ist zum Beispiel Erzählen oder Schreiben
Arbeit? Ist Autorin oder Erzählerin ein „richtiger“ Beruf?


Anfang des Jahres, nach zwei Wochen Weihnachtsurlaub, fragte mich eine
Lehrerin in der ersten Stunde der Märchen-AG, die ich in einer Schule
leitete: „Wann musst Du eigentlich wieder zur Arbeit?“ „Hö?“ Das
Seltsamste daran war allerdings, dass ich im ersten Augenblick tatsächlich
selber dachte: „Ja, was mache ich eigentlich beruflich?“


Wer Spaß bei der Arbeit hat, macht schon irgendetwas falsch und wird
sofort verdächtigt, doch gar nicht richtig zu arbeiten oder sich nicht genug
anzustrengen. Derjenige, der nicht in den kollektiven Jammerchor der
Dauergestressten einstimmt und seine Arbeit nicht als eine solche
empfindet und sogar Freude dabei hat, ist entweder ein Querulant oder
Faulpelz. Warum nur ist es bei uns so verpönt, Spaß bei der Arbeit zu
haben? Ist es das Gefühl, dann nicht genug geleistet zu haben, nach dem
Motto: Was Spaß macht, das kann ja keine „richtige“ Arbeit sein.


Wer nicht kaputt und müde abends ins Bett fällt oder auf dem Sofa vor
dem Fernseher vor Erschöpfung einschläft, hat einfach nicht genug getan.
Wir müssen uns unser Wochenende, den Urlaub oder die Rente verdienen.
Sonst macht es doch keinen Sinn. Warum soll ich mich ausruhen, wenn ich
gar nicht erschöpft bin? Nein, ich muss mit Rückenschmerzen zehn
Stunden im Auto an die Adria in den Urlaub fahren oder mit
Magenschmerzen ins Wochenende gehen. Wovon sollte ich mich sonst
erholen?

Ich frage mich, könnten wir eigentlich auch ohne Arbeit leben? Also klar,
wir brauchen Geld, um uns Lebensmittel zu kaufen und unsere Miete zu
zahlen, aber ich meine, brauchen wir unsere Arbeit, um zu wissen, wer wir
sind?


Wir sagen zum Beispiel: „Ich bin Lehrerin, Banker oder
Computerspezialistin“. Das macht mich aus, da weiß ich, wer ich bin, wie
ich mich verhalten muss, was ich denken und fühlen muss. Das gibt mir
Sicherheit. Es gibt Regeln und Vorschriften, an die ich mich zu halten habe.
Wenig Spielraum, wenig Eigeninitiative, einen festen Rahmen, starre Formen,
das ist einfach. Das ist meine Fähigkeit, das ist meine Persönlichkeit,
das bin Ich. Wirklich? Ein Teil vielleicht, ein kleiner.


Tiefer geschaut bin ich dann ein Mensch, der anderen gut etwas erklären
kann, Zahlen mag oder komplizierte technische Zusammenhänge
versteht. Noch tiefer geschaut bin ich ein Mensch, der besonders
empathisch und zugewandt ist oder dem es leicht fällt, abstrakt oder
analytisch zu denken. Und jetzt mal richtig tief geschaut bin ich ein
Mensch, der die Fähigkeit hat, andere zu ermutigen, zu bestärken, sie
aufzubauen oder der uns über große Entfernungen miteinander verbindet,
der über die ganze Welt verteilt Freundschaften ermöglicht,
Gemeinschaften, uns Sicherheit gibt oder der die Fähigkeit hat, mit seinen
Worten Menschen zu berühren, aufzurütteln, zum Lachen, Weinen und
Nachdenken zu bringen oder manchmal auch in Wut und damit enorme
Kräfte freisetzt. Ich bin außerdem doch noch so viel mehr als das, was ich
mal gelernt habe und der Beruf, in dem ich jetzt arbeite, oder?


Leider ist unser System sehr starr, so dass Menschen, die in ihrem
Berufsfeld etwas zum Guten verändern möchten, sehr schnell an enge
Begrenzungen und Ablehnung stoßen. Die Konsequenz ist dann entweder,
dass sie sich dem System ergeben und einfach nach Schema F verfahren
oder entnervt aufgeben und ihren Beruf wechseln. Und das finde ich
schade, denn ich glaube, wir brauchen in unserer Gesellschaft mehr
Freiheit, Individualität und Menschen, die bereit sind, über den Tellerrand
hinaus in die Zukunft zu schauen, um sie zu erschaffen.

Wie würde unsere Gesellschaft wohl aussehen, wenn wir den Begriff Arbeit
freier definieren würden? Wenn jeder nach seinen oder ihren ureigenen
Talenten und Fähigkeiten arbeiten dürfte? Ich wünsche mir, dass wir das
Zwischenmenschliche mehr anerkennen und schätzen. Wenn es so wäre,
dass dieses gute Gefühl geben, Mut, Zuversicht zusprechen, Liebe geben,
zugewandt sein, Empathie, jemanden wirklich, wirklich sehen und erkennen,
ein Lächeln, ein Blick, ein wirkliches, ehrliches, offenes von Herzen
kommendes Gefühl so viel m(Mehr) Wert hat als die Beratung für die
nächste Geldanlage, das Fördern von Kohle oder das Bauen neuer Autos.


Wir fühlen, dass dieses System uns nicht gut tut, dass wir von ihm
ausgebeutet und benutzt werden. Mancher kompensiert die fehlende
menschliche Zuwendung, indem er sagt: „Ich liebe mein neues Auto, mein
Smartphone oder meinen Pullover.“ Wie wunderbar wäre die Welt, wenn
wir unsere Mitgeschöpfe lieben und Dinge zu unserem Nutzen gebrauchen
würden, nicht umgekehrt?


Und wenn wir das Bruttosozialprodukt nicht in Geld, sondern in
menschlichem Denken, Fühlen und Handeln messen würden. Unser
gemeinsames Vermögen wächst, wenn wir gut mit uns und unseren
Mitmenschen umgehen, die Natur und alle Mitgeschöpfe ehren und ihrem
Wesen nach sein lassen.


Stellen sie sich vor, in einer Vorstandssitzung ergibt sich eine
festgefahrene Situation, keiner mag den Anfang für eine Versöhnung
machen. Plötzlich steht ein Teilnehmer auf, geht ans Fenster, schaut in den
Himmel und sagt: „Guckt mal, die Wolke sieht aus wie ein Elefant.“
Ich weiß, klingt erstmal komisch, aber vielleicht lacht man zusammen und
findet so wieder einen Weg zueinander, vielleicht.


Wir sind so sehr daran gewöhnt, dem Anderen zu misstrauen, besser sein
zu wollen als er, gefangen von dem Gedanken: „Was der Andere hat, fehlt
mir“. Ich wünsche mir, dass ich die Fülle des Lebens als Normalzustand
wahrnehme und fühle, je mehr ich gebe, desto reicher wird mein Leben,
und dass dieser Funken dann auf alle überspringt und wir gemeinsam eine
Wunder volle Zukunft erschaffen.

Was wäre, wenn ...


Was wäre, wenn ...
wir jeden Menschen
als Spiegel erkennen –
um unseretwillen?


Was wäre, wenn ...
wir ihm tief ins Herz schauen
und den eigenen Schmerz darin sehen –
um unseretwillen?


Was wäre, wenn ...
wir unser wütendes Kind darin erblicken
und ihm einen Raum geben –
um unseretwillen?


Was wäre, wenn ...
wir hinter seiner Wut
unsere Angst fühlen und sie aushalten –
um unseretwillen?


Was wäre, wenn ...
wir seiner Verletzung
unsere Liebe schenken –
um unseretwillen?


Was wäre, wenn ...
wir so die Wunden der Welt heilen –
um des Friedens willen!

Nur ein Gedanke


Nur ein Gedanke, denke ich mir. Keiner wird`s wissen,
was macht das denn schon? Die Welt ist beschissen, das
ist der richtige Ton. Nur vergaß ich dabei, wir sind
mindestens zwei. Mein Herz hört auch zu und stolpert im
Nu. Die Zellen, sie beben und kommen ins Reden:
Wir fühlen uns schrecklich, schon sind sie ganz meckrig.
Dann weinen und schreien sie, abwärts geht die Energie.
Da meldet der Magen: Ich kann`s nicht ertragen und zieht
sich zusammen. Das Ohr hört das Grummen und fängt
an zu summen. Das Summen wird lauter, die Haare
ergrauter, die Miene wird düster, die Tonlage wüster, der
Raum in mir enger, die Sichtweise strenger. Ich nehm` es
zur Kenntnis und denke noch gar:


Nur ein Gedanke es doch war.

Frieden
friedvolle Gedanken
schöpfen liebevolle Gefühle
und erschaffen verbindende Taten
Friedensgedanken