Soheyla Sadr

zeitentanz

als wüssten die uhren
wirklich von den zeiten
unnachgiebig ticken sie
den immergleichen takt
diktieren ihre stunden
was wissen sie schon?

winteramnesie

gegen jede
wahrscheinlichkeit
wohl auch vernunft - mich
alte borkenrinden durchbrechend

trotzig neu erfinden

wie ein schneeglöckchen
das den frühling einläutet
wenn die dunklen tage
sich endlich häuten

bewusst vergessen
was ich von mir weiß
wenn ich mich durch
herzeisschichten beiß

auch ich kann
frühling sein

fragil stark

im schreiben grenzenlos
an fernsten sternen
vorbeischlendernd

im selben atemzug nie

näher an den mikrokosmen
seines seins -

fragil stark gedichtet

weltenwunderkinder

der werdende frühling, der vergehende winter
reichen sich nun tanzend, behende die hände

 

im drehenden kreis ihre kräfte spürend
lassen wir uns hoffnungsvoll verführen

das licht leuchtet jeden tag mehr
über finstere täler bis ans meer

reichen auch wir uns unsere hände
für eine friedenszeitenwende

das wünsche ich uns sehr - -
weltenwunderkinder!

vom frühling, der früh anfing
 
als ich noch von sehnsucht sing
seh ich auf der wiese so ein - ding
wie hiess es doch noch gleich
frag ich, wintermüde, bleich
ach ja, das ist eine blume
sie blüht zu ihrem ruhme
vor meinem hungrigen auge
ob ich noch zum hüpfen tauge?
was ist das eine herrliche weide
für meine augen, alle beide
also mein herz kann es noch,
das freudehüpfen, ja doch

augenblicklich

dieses schöne wort kann nicht warten
zwischen all den wüsten lebenshärten
blüht es auf – wie das blümchen
im asphaltbruch

ohne zögern hebe ich die trompete
reite durch verlassene wintergebete
zu dir hinaus – zu verkünden
den zauberspruch

 

 

                  für elisabeth

unsere herzen, lichtjahreweit

 

bitter fragst du, warum
sind unsere herzen so klein

aber sie sind nur klein
wenn wir uns verschließen

wie gehirnsynapsen
wollen sich unsere herzen

verbinden, um zu wachsen
ja, genau: bis zu den sternen

unseren staubgeschwistern

wenn wir uns öffnen
werden unsere herzen

lichtjahreweit

er sang nun

 

er sang

nun endlich wieder
seine hellen winterlieder

wie lang
war er gerannt
mit schmerzenden gliedern

in der dunkelsten nacht
war sein licht wiedererwacht

sein lächeln -
gelang

dein schweigen

 

dein schweigen
könnte ich fast
buchstabieren

die wörter jedoch -
mit ausrufezeichen
schwirren ohne sinn


den ich lesen kann
zwischen uns -

stumm ...


sie dehnen den raum
unserer verbindung
bis sie fast reißt

ich weiß nicht:
soll ich loslassen
oder festhalten?

als sie

noch lächelnde flügel hatte
bevor die lähmende zeitratte
ihre fluglieder fraß, sie vergaß
dass sie fliegen konnte - allein
durch ihren lichteren gesang
der in hungrige herzen drang

als sie noch lächelnde flügel hatte

Shelby Lee Adams: Hettie, 1977 (mit freundlicher Genehmigung des Künslers)

verbindungen

was immer diese wunderlichter
zwischen uns leuchten lässt - -

ich will sie hegen und behüten
neue samen suchen und wässern
ich will mutig sein, offenherzig
vergebend, hell, mitfühlend

ich will wache sinne haben -
nicht nur ohren - für meine
mitmenschen und mich und

uns - für uns gemeinsam

sonnenstürme?

 

sternennachthimmel
zerschossen. wo einst
ein freier blick ins all
patrouillieren fortan
satellitensoldaten

durchkreuzen das
milchstraßenwunder
zerstören im gleichschritt
deinen staunenden blick

vorbei das träumen in
unvorstellbar weiten
universenräumen

ob wohl sonnenstürme
den himmel befreien -

satelliten verglühen?

südenweg

 

er erwachte
um 2 uhr 22

in seinem kopf
die luft stickig

er riss das
fenster auf

herbstwind
kaltete ihn an

der sommer -
wieder vorbei

da schrien
wildgänse

auf ihrem
südenweg

ich will mit
dachte er

wie ich ein wunder gewann

inmitten meines schweigenden gedichtes
fand ich eben: warmes, weiches, lichtes

da rissen in mir jäh eisschichten -
mein lebenslied drang dann
in sprachlose undichten

ins schweigen fiel

 

ins schweigen fiel
der engel nun still

er ließ das ringen
alles erdenschwer

gelangte ans meer
licht zu besingen

hoch ins tiefe ziel

polareiswind

 

sein sehnen, mit
weitausgestreckten
armen – erstarrt


er stand allzulang
in polareiswinden

ach könnte er nur
das fährenschiff
wiederfinden

 

ein wort

ein wort

letzte nacht

 

letzte nacht aus
bilderlosem traum
erwacht

ging ich zum fenster
als habe etwas gerufen
nicht: jemand

es stand weit offen
augustschwüle luft
auf der schwelle

auf dem trottoir
ging eine frau gassi
mit somnambulem hund

sie, eine erscheinung:
kohleschwarze haare
langes weißgewand

… am morgen
erwachte ich mit
lichten gedanken:

wenigstens ein
stilles lächeln gib
dem neuen tag

und immer weiter
staunen

sonnengelb, lichtdurchflutet

sonnengelb, lichtdurchflutet, sehnend
sehend von jetzt zu jetzt, wahr sein
sinne suchend singen. spring endlich

gestern, der regenbogen

gestern, der regenbogen
am grauen himmel, da oben
leuchtendes flüchtiges bunt
als die wolken zogen -
offener sonnenmund

innerlichst

innerlichst frei verbunden
gut tief atmend, animalisch
den widerständen trotzend
in fließendem schneckentempo
glitzernd lichtspuren
gelassen

in leisem summen

in leisem summen
höre ich mein leuchten
in fremden seitengassen
flüstert moosgrünes unkraut
neu meinen traum

sanft lächelnd atmet
der alte leuchtkäfer auf
er bricht auf, nackt
hin zum lichten
morgenwald

 

schon zu lange

schon zu lange bangend
auf die dunklen seiten gesehen
selbst verhangenes schwaches
winterwolkengrau blendete

sieh ins licht
gewöhne dich
es geht ins helle
von nun an, eben
fand ich die schwelle

nachtwald

blind glühend ging ich
durch leuchtende tore
vertrauend selig durch
nachtwald dieses eine
mal furchtlos, zu dir
und blieb.

post für dich!

während du dich wegsehnst
in ferne sommerparadiese
duftet zart im wasserglas
eine gelbe nachbarsrose

du sitzt noch
am nachmittag
in pyjamahose
am pc-horizont

durch das gekippte
küchenfenster luftet
juniregenduft

den regenbogen
hinter der glitzerbrücke
siehst du später, im
insta-feed anderer

da lacht unten
auf dem trottoir
ein briefträgerkind :
post für dich!

post für dich
vom paradies
jetzt und hier!

bis die amsel wieder singt

 

für die dunklere zeit
wenn dein herz schneit
die amsel schweigt

male ich für dich
helle farbenfelder

schenk dir ein lied
das weiterklingt

reich dir zeitlose
brückenhände

über erkaltete
herzwände

lass uns tanzen
bis die amsel
wieder singt

alles eins

 

durch das gekippte
waschküchenfenster
drang geigenklang

die hellen töne zogen
ihn in den hofgarten

dort, auf staubigem
plastikstuhl gingen
seine tauben sinne
langsam wieder an

der windtanz trug
erste sommerwärme
holunderblütenahnung
abendvogelsang -

alles eins mit dem
violinenklang

als er zurückging
begleitete ihn ein
flatterspatz, der kurz
vor der hoftür steil
nach oben stieg

nun blickte - endlich
auch der mann ins
himmelsweit

aufstehen

 

wenn
das leben
leise seine
wunder
tut

mit sanftem
augenzwinkernlächeln

dann
sollen wir
staunend
seine hand
nehmen

 

und wieder

aufstehen

die teetasse,
fröhlich bunt

wie oft schon
den morgenkaffee
aus ihr getrunken
vorm´ bildschirm
müde, blind ...

schrubbte eben

kinderkaugummi
von ihrem rand

hörte noch
das giggeln des
kleinen besuchers

da sah ich neu
diese teetasse,
fröhlich bunt

resilienzkonto

 

eselsohren, in weise seiten geknickt

kompositionen, die fliegen lehren

frühlingsblumen, amselgesang

abendhimmelsleuchten

gütig lächelnde augen

herzbegegnungen -

 

absichtslose einzahlungen

auf dein resilienzkonto

Ilu aus meinem Buch "Zufallsengel", Vier Türme Verlag

     dieser grünsteifen

an dem sie achtlos
vorbeifuhr - durch
sorgenwolkendunst

war für die kinder
die da spielten wohl
kindheitsparadies

ausatmen

 

als er
tiefdunkel
verstummte
saß neben ihm
still schweigend
die poesie - sie sah
ihn an, hellsanft

dann konnte er
ausatmen

schattentauben

 

im schaufenster
die spiegelung
eines kindes

es rennt -
ich sehe nicht
wohin

da fliegen
an der hauswand
schattentauben auf

Ilustration aus meinem Buch "Zufallsengel", Vier Türme Verlag

und : tanzen

 

es blieben nunmehr
folgende aufgaben

frieden eratmen

alle zerbrochenen teile
warm umarmend

das geschlagene herz
durchlässig sein lassen
für fast erblindetes

leuchten

den silbernen
gefallenen faden
selbst hochhalten

unsichtbare wege
weiter gehen

fast alles

lassen


dennoch
hoffen

 

und : tanzen

habicht

 

die furcht

hab ich dicht

im tal gelassen

 

umzingelt von

unverdauten

kellerkreaturen

 

sie alle starren

mich stumm an -

winterweiß

 

steigend neu

vertrauen

bauen, blind

 

fäden allein

aus herzkraft

spinnend

 

trotz allem

das zu viel

 

zum opfer fiel

ich nicht

 

ich schrei

sei sei sei!

winterschweigend

 

winterschweigend neigen
ohne himmelsgeigen

gerissene fäden spinnen
ganz von sinnen

tief innen
eigen

ohne sehnen

 

gesehnt
winterlang

bist du nicht gekommen
haben wir uns verpasst?

kann nicht länger warten
mein garten verdorrt

genau dort
nicht auf wolke sieben


werde ich mich jetzt
neu verlieben

in die eine
gegenwart

ohne warten
ohne sehnen

phönix ist

 

wenn der phönix

in seiner asche erwacht

hat er kein stolzes gefieder

kann sich kaum entsinnen

dass er ein vogel war -

 

ist

 

allein

durch seinen mut

will er sich erheben

denn er liebt das leben

und die liebe lässt sein herz beben

so, nur so, kann er wieder

gen himmel streben -

 

sich neue flügel

wachsen zu lassen

 

 fluggefährten

 

als ich

zum stoßlüften

das fenster öffne

in meiner guten stube

hochparterre, störe ich einen

schwarzgefiederten vogel gegenüber

beim aufpicken seiner mülltonnenmahlzeit

er beäugt mich krächzend, argwöhnisch. ha!

denkt wohl, ich könne fliegen, ihm

gar sein essen streitig machen

 

die aufgepickte mülltüte, die

aus der weihnachtstageüberfüllten

tonne ragt, knistert nun flatternd im wind

vielleicht meint auch sie

fliegen zu können?

 

wir drei wären doch

seltsame fluggefährten:

krähe, mülltüte, poetin!

 zwischen den jahren

 

schneestill im

blauestundenleuchten

sanft durchatmen

 

vertrauensvoll

innehalten

 

ohne je zu wissen wie

frühlingskräftewunder

wachsen lassen

 

neue lieder erträumen

dein herz dem segen

zuwenden, weitoffen

 

im werdenden lächeln

entstehen neue wege

für dich

baraye ... weil
(Freie Übersetzung nach dem Lied "Baraye" von Shervin Hadjipur - In der Hoffnung auf Frieden und Freiheit für alle Menschen auf dieser Erde habe ich mich an diese freie Übersetzung gewagt - über fünf Hilfsbrücken, da ich kein Farsi spreche ... Die einzelnen Zeilen des Liedtextes hat der Musiker aus Posts von Iranern zusammengestellt - sie beschreiben, warum sie jetzt auf die Straße gehen.)

weil wir frei sein wollen, in den straßen zu tanzen
    weil wir angst haben, wenn wir uns küssen

wegen meiner schwester, deiner schwester, allen schwestern
    weil wir diese dummen denkmauern endlich niederreißen müssen

weil wir zusammenbrechen aus scham über unsere leeren taschen
    weil ein einfaches leben alles ist, wonach wir uns sehnen

wegen der kinder, die auf müllhalden leben, die nicht wissen, was träume sind
    wegen der korrupten wirtschaft

weil abgaswolken die luft, die wir atmen, verschmutzen
    wegen der alleen, in denen die bäume verdorren

wegen des letzten berglöwens, den wir pirooz nennen - sieger
    wegen der harmlosen haushunde, die eingeschläfert werden

wegen der endlosen tränen, die wir weinen
    weil wir uns danach sehnen, mit unseren liebsten auf dem sofa sitzen zu können

für den tag, an dem wir alle in lachende gesichter schauen können
    wegen der studenten und ihrer zukunft

wegen dieses aufgezwungenen paradieses, das sie uns versprechen
    weil unsere hellsten sterne eingesperrt sind

wegen der geflohenen afghanischen kinder
    weil all diese "weils" nie enden

wegen der hohlen slogans, die sie uns aufzwingen
    wegen der schlecht gebauten häuser, die über uns einstürzen

weil sich unsere seelen nach frieden sehnen
    weil wir auf die sonne warten nach einer endlosen nacht

wegen all der pillen gegen angst und schlaflosigkeit

 

für das mädchen, das sich wünschte, als junge geboren zu sein
   für frauen! leben! freiheit!

 

zan! zendegi! azadi!

gedankentanz, dichter

 

im spannungsfeld

von wilder freiheit,

essentieller form

 

dem gänseblum

ein königreich

verschreiben

 

rätsel fischen, über

ihren schuppenglanz

reime staunen

 

wunden endlich

mit wunderworten

wohl versorgen

 

augenblicken schenken

was ihnen gebührt :

dein reiches leben

 

alchemisch tief graben

kopfflügel weiten, so

wagemutig fliegen

 

im eigenrhythmus der

erlauschten herzklänge

aus der alltagsenge

 

welten erträumen

ein gedicht lang

wahrhaftig frei

dieser unfassbar schöne moment

bisher nur postkarten

 

willst du gut leben

lerne früh auch das sterben

 

am ende des tages gib dich

dem dunklen schlaf ganz hin

 

nach einem einatmen

lasse die luft bewusst los

 

das rauschende fest -

höre die stille danach

 

erkenne sattheit -

wenn es eben genug ist

 

das schönste lied

hat sieben strophen

 

geh in winters kälte

buchstabiere sie, deutlich

 

halte auch mal inne

widerstehe dem gieren

 

tanze wagemutig tango

mit deiner angst ...

 

wer das kleine sterben

wirklich wahrlich erlebt

 

vermag es am ende wohl

furchloser den fremden tod

 

der bisher nur postkarten schickte

willkommen zu heißen?

noch nicht genug

ich kann, immer noch
wunder bestaunen

wie ein kind haltlos
im jetzt tanzen

mich unbändig freuen
über den vollen mond

das firmament grenzenlos
mit rätseln bemalen

schmunzeln - gar nicht
weil, sondern trotz

das kleine gänseblümchen
von herzen lieben

mit aufrichtigem dank
schwere tage verabschieden

am morgen wahrlich
neu erwachen

sternenlichtwege gehen
unwissend gegenwärtig


sein

wagemutig vergeben
mein hasenherz aufmachen

immer wieder aufs neue
an das gute glauben

der sonne zuzwinkern
das grau verzaubern

singen, oh ja, singen
neue kräfte erringen

lassen -
doch auch halten

das verzagen umarmen
neugierde entfachen

wahrlich, ich hab
noch nicht genug

drei große zeichen

 

das haus gegenüber

ist frisch renoviert -

akribisch, mattgrau

wurde das mittelalterliche

gemäuer neu gemalert

 

ein hausmeister

im gebügelten blaumann

sorgt immer für ordnung

ich seh ihn täglich fegen

mit ernstseriöser miene

 

in sieben jahren

hat er nicht ein mal

meinen inzwischen

verstummten gruß

erwiedert

 

eben lief da ein mädchen

blaue farbe in der hand -

im vorübergehen malte sie

drei große zeichen auf

die gesäuberte wand

 

ein leises schmunzeln

konnte ... wollte ich

mir nicht verkneifen

mama ellas

küchenschwelle

 

gegen mitternacht

löffle ich warmes

reineclaudenmus

aus dem kochtopf

 

auf einmal ist mir

mama ganz nah - nicht

die sie am schier

endlosen ende war

 

wenn mama früher

früchte einmachte

pfiff sie tonlos

froh vor sich hin in

aromareich reifem

spätsommerduft

 

ein salztropfen

fällt jetzt in

mein süßes mus -

in meine helle

gelbleuchtende

erinnerung ...

 

ich stehe wieder

freudig wippend

auf mama ellas

küchenschwelle

deine schönheit

 

gegen jedwede vernunft

bildet sich, segensreich

mitten im tosenden lärm

ganz leise neues sein

 

es ist wahrlich dein

geschenk des himmels

 

aus all dem dir zerrissenen

fügt sich nun ein neuer

mosaikhautmantel

 

deine schönheit leuchtet

an seinen bruchkanten

wahrhaftig tief auf

alt werden

seelenfalten
lieben lernen

poesie leben :
nicht müde werden

schmunzelnd
manchen traum
frischgewaschen
zusammengelegt

im lavendelschrank
aufbewahren - für

die guten tage
also jetzt

scherbensteg

 

gehst du nur mutig voran

entsteht aus dem nebelnichts

das blind vor dir aufklafft

ein schmaler scherbensteg

 

ein weg - genau so breit

wie dein einsamer fuß

 

wenn du jetzt aber tanzt

ohne dich zu fürchten

werden die tiefen wolken

dich tragen - weit

 

in fremd lichte wunder-

länder, die endlich dir

heimat sein können

 

gehtst du nur mutig voran

mosaikbrücken

 

wir sitzen fest

im scherbenhaufen

keinen schritt

kann man - so

weiterlaufen

 

lass uns zusammen

wieder aufstehen

gemeinsam werden

wir wohl neue

wege sehen

 

aus all den

zerbrochenen

stücken bauen

wir miteinander

mosaikbrücken

 

ich glaube

hand in hand

wird es uns

glücken

klick

 

als die feuerwehrautorote
nähmaschine, baujahr 1994
zu mir zog - vorgestern -
fehlten ihr zwei teile


während ich im weltnetz
danach wühlte, wieder mal
ein aufgeregtes flatterhuhn
in unbekanntem fremdland

stellte ich seltsames fest:

meine flohmarktfundmaschine

hat wohl magische kräfte

sie war das fehlende teil
in meiner lückengeschichte
sie machte plötzlich klick


auf einmal fügt sich nun

was zu lang in haltloser

luft hing - zusammen

am nachtfirmament, sein

schalter endlich wieder

auf on, blinkte eben

für einen moment

ein wort auf


zuhause

sieben wunder

 

ich will wieder

an sieben wunder

glauben lass mir die

zuversicht nicht mehr

rauben klettere endlich

aus diesem schweigenden

elfenbeinturm über alle

kalten schutzmauern, die

keinen einzigen schmerz

verhindern, zurück

ins leben

verwegen

 

ein pfeifender

nachtspazierer

zieht mich aus

meinem kopfkino

an das gekippte

küchenfenster –

ich staune, dort

duftet die luft

schon nach

frühling

 

im vorübergehen

schenkt mir dieser

schlenderer noch

nonchalant die

entdeckung des

sternenhimmels

 

als ich, anders

an meinen

flachhorizont

zurückkehre

klicke ich

verwegen den

ausschaltknopf

in der sprache eines traumes

mondflügel

 

heutabend schien der mond halb, matt

beschnitten vom fernen schattenmacher

fast umhüllt, im wolkengespinstkokon

als wolle er sich verpuppen, winterlang.

zur genüge im erdenkraftkreis gedreht

vielmilliarden jahre im universumsgefüge

fern von sonnenarmen, sterngesellen -

will er sich wohl flügel wachsen lassen

und nächstes jahr im mai, kugelrund

im freien flug galaxien bereisen?

Ilu aus meinem Buch "Zufallsengel", Vier Türme Verlag

am grund

 

vom stillen gesang des lichts

ein großes staunen erhebt den blick

heilig verbundene wege ins nichts

künden vom sanften, freundlichen ja

ja, heimgekehrt ins menschental

vom herz, das endlich wieder sah

flügelspannenweit von qual zu qual -

am grund kehrt das hoffen zurück

nachtsonne

wenn ich einmal mein leben zaubern könnte

reim für tage, wenn nichts mehr geht

Diesen Shortie habe ich für Freunde gemacht. Ein Reimchen mit Augenzwinkern - für dunkle Tage.

Die erste Amsel