Dieses Gästezimmer wurde vom Lübecker Lyriktreff eingerichtet, für die Autorinnen und Autoren, die interessante lyrische Texte in ihren Schubladen oder auf ihren Festplatten abgelegt haben und nun mit dem Gedanken spielen, sie zu veröffentlichen. Hier im Gästezimmer könnten sich diese Texte eine Weile zu Hause fühlen. Natürlich können wir keine Veröffentlichungsgarantie aussprechen, aber wir werden jeden Text aufmerksam lesen. Die Autoren und Autorinnen behalten alle ihre Rechte an ihren Texten. Die Betreuung des Gästezimmers übernimmt für den Lyriktreff Jacques Dulon. Er freut sich über konstruktive Rückmeldungen, inspirierende Anregungen und natürlich auch auf Ihre/Eure Gedichte, die er auf dieser Seite gerne beherbergt. Kontakt: gast@luebeckerlyriktreff.de
Ankündigung: Als nächsten Gast hier im Gästezimmer werden wir im Juli Andy Hertz begrüßen.
Marie von Kuck ist ausgebildete Puppenspielerin, Theatertherapeutin und Autorin für den Rundfunk. Sie schreibt Features, Hörspiele, Reportagen, Essays, Erzählungen und Gedichte.
Für ihre journalistischen Arbeiten erhielt sie zahlreiche Preise; u.a. den Deutschen Sozialpreis (2013), den Medienpreis des Deutschen Roten Kreuzes (2018), den Prix Europa, 2. Platz mit special recommendations (2018), den Otto-Brenner-Preis für kritischen Journalismus (2019), den Dokka Preis (2020), sowie die Nominierung für den Deutschen Radiopreis (2020).
Foto: WARTEN, Lübeck, Jacques Dulon (www.jacquesdulon.com/wia-luebeck)
Text und Sprecherin: Marie von Kuck
Geheimnisse aus einem hässlichen Haus
Habe meine müden Hände
auf dein Schulterblatt gelegt
(auf den Vorsprung, wo im Schatten,
wenn die Sonne morgen aufgeht,
ihre ersten Strahlen glänzen)
Deine liegt mir wie ein Vogel
dort im grünen Schilf im Schritt.
(Deine warmen Finger schlafen,
Silberfäden an den Spitzen,
in dem weichen Moos im Wald)
Meine Füße wandern ruhig
deine Wirbelsäule ab
(dort, wo in der Nacht das Dunkel
dunkler ist, als anderswo.)
(Deine träumen auf den Bäumen
zwischen Daumenspann und Kinn.)
Meinen Bauch, den hab ich wieder
in das flache Meer gelegt.
(Deinen wiegt ein kleines Segel,
aufgespannt am Himmelsrund)
Deine Ellenbogenspitze
klemmt mir zwischen Bein und Knie,
wo dein Atem wie ein Seewind
heult und mir das Haar zerzaust.
Deine Augen sind geschlossen,
(Wölfe traben durch die Nacht)
und mein Mund, der träumt von deinem,
schnappt nach ihm und beißt ihn sacht.
Wach nicht auf!
Die Wolken ziehen,
und ein leichter Regen fällt,
tropft und rinnt und küsst die Stellen,
zwischen Po und überall.
Glitzernd rinnt er in die Ritzen.
(Vögel strecken ihre Glieder
im Gestrüpp dort unter Laub)
Wach nicht auf, bis er vorüber.
Bis der Nebel sich erhebt.
Bis dort in den tiefen Schluchten
uns dein Drachen aufersteht.
(Meine Ungeduld, die hängt
noch dort - an dem Haken bei der Tür.)
Foto: SCHATTEN UNTERM LICHT, Frankfurt (Oder), Jacques Dulon www.jacquesdulon.com/frankfurt-oder
Sprecherin: Marie von Kuck, Text: Marie von Kuck & Jacques Dulon
(Musiker, Musikdozent, Komponist, Lyriker, Foto-Künstler)
*** www.mundharmonikalive.de ***
und mit weiteren Fotos im *** www.jacquesdulon.com/guest-room ***
Barthold Hinrich Brockes (1680 - 1747)
Bedeutender deutscher Naturlyriker, seine Texte wurden u.a. von Johann Sebastian Bach,
Georg Friedrich Händel und Georg Phillip Telemann vertont
Du zeigst in deinem Werk die Schönheit,
mit der uns die Natur bedacht –
der Pflanzen helles Blütenfeuer,
von einem Sonnenstrahl entfacht.
Wie beim Gesang der Nachtigall
sich unser Herz mit Freude füllt,
wie unbeschwert das Spiel der Fische -
und Lebenslust aus allem quillt.
Du malst mit Worten deine Bilder,
schärfst zum Betrachten uns den Sinn.
Ich steh davor, begreif mit Ehrfurcht,
dass ich ein Teil des Ganzen bin.
Nicht alles, was der Mensch erschaffen,
verhilft ihm zur Glückseligkeit.
Natur vermag zu überdauern –
Manch anderes besiegt die Zeit.
Nur wenn man diesen großen Reichtum
zu hüten einmal ganz vergisst,
stirbt mit der Erde deine Botschaft:
„Was lebt, zu leben würdig ist“
Jorge Campero, Dichter und Herausgeber der folgenden Zeitschriften über Poesie: “El Telégrafo”, “Camarada Máuser”, “Siesta Nacional”, El Cielo de las Serpientes”, Zweifacher Preisträger (2001, 2002) des “Premio Nacional de Poesia Yolanda Bedregal”.
Von ihm sind bisher folgende Bücher erschienen: “Promiscuas” (1976), “A Boca de Jarro” (1979), “Arbol Eventual” (1983), “Sumarium común sobre vivos” (1985), “Corazón Ardiente” (2001), “Musa en Jeans Descolorido” (2001), “Jaguar Azul” (2002), “Tleriberta: Sinceramente tuyo” (2011), “Bodas de orégano” (2014), “Informe murciélago” zusammen mit Alejandro Canedo Peñaranda (2016), “Barbijo de plata” zusammen mit Ada Zapata, Benjamin Chávez, César Antezana und Alejandro Canedo Peñaranda (2022).
Sein Buch “Jaguar Azul” gehörte auf der 12. internationalen Buchmesse in Havanna (Kuba) zu den 10 wichtigsten Büchern Lateinamerikas.
El Jaguar Azul
Un señal del dios Uks
Arañas peludas de ónix extendieron trampas
En la oración con molares y garganta oscura
Te quisiera de nuevo conmigo para corretear al atardecer
Que escucharas la música de agua que has abandonado
El silencio de nuestras huellas
Hormigas presurosas sin nadita de sueño
Recorriendo los arboles
- Falos de la tierra -
La sangrienta caoba y una montaña
Tarde misamente no llega el sol
Y se necesitan camas de hojas
A la sombra tu carne se olisca
Viajando en círculos las canciones de las moscas verdes
Sobre tu costillar orificios de plomo olor a pólvora
Alimentada de frutos silvestres
Rios con peces y constelaciones
Y la sola tonada del monte naruru naruruuu
De rato en rato la oración fúnebre de las parabas
En la espesura viento y ramas continúan la ultima tormenta
Rememoro esa sangrante senda
Como eras todo
Lamí la pedrería para recogerte
El tiempo enseña que todo es agua
A cada tarde
Si la riada te devuelve…
Escarbando no te puedo encontrar
Tras la mirada del jaguar
En medio a medio
En alto sol en la loma
La brisa la oración de la tarde somos tu sepultura
Plata que la noche empolla
Y el monte no me pide te olvide del todo
Tengo que enterrarte bajo una piedra
Sembrarte para que luego vuelvas
Jaguar azul
Der blaue Jaguar
Ein Zeichen des Gottes Uks, Geist dieser Berge
Behaarte Spinnen aus Onyx öffneten ihre Münder
Ließen andachtsvoll ihre Zähne aufleuchten vor ihrem dunklen Schlund
Ich wünschte, du wärest wieder hier, um mit mir durch die Abenddämmerung zu ziehen
Und um der Musik der Wassers zu lauschen, die du verlassen hast,
der Stille unserer gemeinsamen Spuren.
Ruhelose Ameisen ganz ohne weitere Träume
umrunden die Stämme der Bäume
- Jeder ein Phallus der Erde -
aus blutigem Mahagoni, unüberwindbar,
Sie erzeugen hier Nacht, weil die Sonne den Boden nicht erreicht
Man benötigt jetzt nur ein Bett aus Blättern
Im Schatten duftet dein Körper
Und bewegt sich kreisend mit den Liedern der grünen Insekten
Über deiner weit geöffneten Brust pulverisiert sich der schwere Duft
essbarer Wildfrüchte
Die Ströme der Fische unserer Begierde
steigern sich mit den Bergwinden zu einem gemeinsamen Ton naruru naruruuu
Von Zeit zu Zeit erklingt der traurige Schrei von Papageien
in den Böen, wo die Äste noch erbeben zu ihrer letzten Erschütterung
Ich erinnere mich an diesen blutigen Pfad
Als du alles warst
Ein Quell´ der Juwelen, dich zu nehmen
Die Zeit lehrt uns, dass alles aus Wasser ist
An jedem Abend
wenn die Flut dich wiederbringt
und mich überwältigt, kann ich dich nicht finden
Nach dem Blick des Jaguars
mir direkt in die Augen
bei hochstehender Sonne auf einem Hügel,
oder im Luftzug einer Andacht am Abend, der dein Begräbnis ist.
Weil das Silber der Nacht gehört
und dem Berg, der mich nicht bittet, dich ganz zu vergessen,
muss ich dich unter einem Stein verscharren,
dich aussäen, damit du bald wiederkommst
Blauer Jaguar
(Übersetzung: Jacques Dulon)
Noch so'n Einsamer
Ich habe
Weder Macht
Noch Zeichen
Nur
Die Erinnerung
An dich
Ich habe
Auch kein Haus
Und keinen Garten
Nur
Diese kleine Botschaft:
Ich vermisse dich
Ich bin
Kein Chef
Und auch kein Meister
Hab's
Nicht geschafft
Wie der und der
Ich bin
Der Traum,
Den du nie träumtest
Ich bin
Die Spur,
Die sich in dir verliert
10 Fragen des Lübecker Lyriktreffs
Wer, wie, was, warum bist du?
Vieles gleichzeitig.
Was macht dich glücklich / was inspiriert dich?
Weisheit, die ins Gelingen verliebt ist.
Wo, wie, womit schreibst du am liebsten?
In offener Stille.
Was wäre eine Welt ohne Poesie für dich?
Was wäre die Poesie ohne die Mit-Welt?
Hast du Lieblingswörter?
Mein Lieblingswort: DU.
Wofür müsste ein Wort erfunden werden?
Für ein Denken hin zur Zärtlichkeit.
Gibt es verschwindende Wörter, die du gerne retten würdest?
Wenn es solche Wörter gibt, rette ich sie durch mein Schreiben.
Hast du ein Zitat / Motto, das dich durch das Leben begleitet?
Psalm 23
Welche Bücher würdest du auf eine einsame Insel mitnehmen?
Die Bibel, Tao-Te-King von Laotse, Lun Yū (Gespräche) von, mit und über Konfuzius
Welche "gute Medizin" würdest du der Welt gerne verordnen?
Heiterkeit